Der Leimener Kommunikationsberater Markus Collalti beschreibt im Rheinischen Merkur das Verbreiten wertvoller Texte via Internet mit dem Bild der Milch, die ein Bauer in den Fluss schüttet*. So wie sich der Kuhsaft irreversibel mit dem Brackwasser vermischt, wird auch der Qualitätscontent unweigerlich zum Teil des nun einmal kostenlosen Informationsflusses im Web. Nicht mal der Landwirt mit den dicksten Kartoffeln würde annehmen, dass er damit Geld verdienen kann.
Interessanter Gedanke zu den Reizthemen "Paid Content" und "Leistungsschutzrecht für Verleger". Allerdings gebe ich Collalti nur bedingt recht. Sicher, auf die bisherigen Versuche der Zeitschriften- und Zeitungsverleger passt das Bild. Aber wer sich in den Foren und Kommentarspalten umtut, wird auch Leser entdecken, denen schlichtweg eine komfortable und nicht zu teure Möglichkeit fehlt, gute journalistische Lektüre im Netz einzukaufen. Das heutige Internet ist nämlich mehr als das von Collalti bemühte Berners-Lee’sche Wissenschaftler-Web von 1993. Es ist auch ein Marktplatz, der bei materiellen Gütern schon viel besser funktioniert, als mein damaliger Antipode Don Alphonso 2002 bereit war sich vorzustellen. Wenn man sich dann noch überlegt, was möglich wird, wenn sich die Apps nicht nur auf Mobilgerätchen, sondern auch auf normalen PCs durchsetzen, sind neue Abo-Modelle abseits der Mainstream-Online-Media vielleicht doch nicht mehr so weit.
Das könnten eines Tages sogar die Ignoranten einsehen, die aufgrund ihrer Vorurteile und beschränkten Suchfähigkeiten pauschal allen Journalisten mit Print-Background unterstellen, von ihnen sei eh nichts mehr zu erwarten, das den Begriff "Qualitätsjournalismus" rechtfertigt. Schlechten Journalismus hat es immer gegeben. Man bekommt heute nur mehr davon mit, weil der Mist sich heute so leicht vervielfältigen lässt und zu viele Medienunternehmer ihre Kundschaft bei den Fliegen suchen, die sich angeblich nie irren.
Zurück zu Markus Collalti, der die Chancen pessimistisch sieht, Informationen im Netz zur Markenware zu machen: Ja, im kostenlosen Hauptstrom der Webgewässer geht Gutes wirklich leicht unter. Aber wir könnten ja mal anfangen, Leuchtbojen auszusetzen, die auf der Oberfläche der trüben Brühe schwimmen und anspruchsvolle Surfer in eine Art journalistischer Yachtclubs lotsen, in denen sie gegen angemessenes Entgelt gehaltvolle Texte serviert bekommen. Ob die Verleger von heute ihre Chance erkennen? Noch verfügen sie über Medienmarken, die zu solchen Bojen werden könnten. Doch sie lassen sie verrosten – oder streichen sie in einer Farbe, die sich total der Umgebung anpasst: Wenn es bei einem Medium so jämmerlich aussieht wie bei einem anderen, nützt die tollste Marke nix.
* via heise.de
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