Fachkräftemangel trifft VG Wort (2)

Wer (1) hinter eine Headline schreibt, muss auch eine (2) liefern. Hier ist sie – mein Versuch, die Gremlins der VG Wort an ihre Aufgabe und Verantwortung zu erinnern. Denn die Organisation steht kurz vor einem gefährlichen Vakuum im Management.

Gremlins nannte Günther Jauch einst die Gremien-Mitglieder der ARD. Ich habe Spaß an solchen in der bayerischen Politik-Folklore „Derblecken“ genannten Sottisen, vor allem dann, wenn sie einen wahren Kern enthalten. Was das zweitoberste Gremium der VG Wort angeht, kann ich mir anmaßen, so zu reden, schließlich kenne ich nicht nur die meisten Protagonisten, sondern gehörte lange genug selbst diesem Verwaltungsrat an (von 2003 bis 2019). 

In Teil (1) dieser Blog-Episode hatte ich schon versucht deutlich zu machen, weshalb (nicht nur) wir Autor:innen (sondern auch die Verlegerseite) gute Kandidat:innen für die anstehende VR-Wahl am 17. Juni brauchen. Nicht so deutlich habe ich dabei gemacht, wie enttäuscht ich von der Performance dieses Zirkels in jüngster Zeit bin. Zu gerne würde ich die Sitzungsprotokolle von 2022 und vielleicht auch von 2021 lesen, um mir einen Reim darauf machen zu können, was da in der Unteren Weidenstraße und an den Zoom-Bildschirmen passiert ist. Denn jetzt, zum Jahreswechsel, klafft an einer ziemlich exponierten Stelle des Verwaltungsapparats ein Loch, eine nicht zu erwartende Vakanz, ein Vakuum. Es existiert nur deshalb, weil das Aufsichtsgremium, der Verwaltungsrat, offensichtlich verlernt hat, mit Meinungsunterschieden vernünftig umzugehen – und weil nicht genug seiner Mitglieder die Konsequenzen ihrer Entscheidungen oder besser Nicht-Entscheidung überblickt haben. Mir fehlt da strategischer Weitblick und Kompromissfähigkeit bei Leuten, die ich bisher sehr respektiert habe.

Die Lücke, die ich meine, ist der gleichzeitige Abgang eines der beiden Geschäftsführer und einer wichtigen Fach- und Führungskraft, „Fachkräftemangel trifft VG Wort (2)“ weiterlesen

Fachkräftemangel trifft VG Wort (1)

Urheber, die sich als Verwaltungsratsmitglieder in der Verwertungsgesellschaft Wort engagieren, werden ab sofort fair für die Zeit entschädigt, die sie in Sitzungen verbringen. Die Gremienarbeit attraktiver zu machen, war dringend geboten: Die VG Wort braucht kräftige Impulse für ihre Aufholjagd ins Digitale.

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Wer die Entwicklung der VG Wort im 21. Jahrhundert mitverfolgt hatte und nun die Unterlagen zur außerordentlichen Mitgliederversammlung am vorigen Samstag studierte, dürfte sich verwundert die Augen gerieben haben: Bei den Anträgen von Mitgliedern stand mein Name neben dem des Kollegen Oliver Eberhardt, der sich bei den Freischreibern ums Urheberrecht kümmert. Wir haben gemeinsam durchgesetzt, dass die finanzielle Entschädigung für die Ehrenamtlichen kräftig aufgestockt wird (siehe unten).

Wenn das Anliegen stimmt, geht’s auch ohne Fraktionsdisziplin: Antrag von 70 VG-Wort-Mitgliedern vom 10.12.2022

Nein, ich bin immer noch meinem DJV treu, ich bin nicht übergelaufen. Es ist im Gegenteil so, dass sich bei dem Freiberufler-Verband, der noch vor sechs Jahren in der VG Wort zu Recht als großes Schreckgespenst galt und hier im Blog mehrfach Thema war, einiges getan hat. Damals drängten sich beim Freischreiber e.V. ein paar Kolleg:innen darum, das Thema zu besetzen, die nie verstanden haben, wie das Urheberrecht im Allgemeinen und die VG Wort im Besonderen funktioniert. Sie wussten alles besser und knallten uns Funktionären wildeste Anschuldigungen um die Ohren. Oliver hingegen hat das getan, was gute Journalisten tun: Er hat zugehört und sich schlau gemacht. „Fachkräftemangel trifft VG Wort (1)“ weiterlesen

Covid-19 sprengt den Rahmen von VG-Sozialfonds

Aus gegebenem Anlass ein paar Sätze zu Verwertungsgesellschaften, deren Sozialfonds und der Corona-Krise.

 
Zwar wird Journalismus jetzt von der Politik als systemrelevant anerkannt. Der Fokus richtet sich dabei in erster Linie auf die Nachrichten-, Politik-, Wissenschafts- und Wirtschaftsjournalisten. Hart betroffen sind aber vor allem freie Journalisten, die für Ressorts wie Kultur und Sport schreiben. Wenn keine Fußballspiele und andere Wettkämpfe stattfinden, wenn Konzerte, Theater- und Kinopremieren verschoben oder abgesagt werden, haben die Kolleginnen und Kollegen nichts zu schreiben und nichts zu fotografieren. Kritiker und Kommentatoren, die nicht kritisieren und kommentieren können, haben keine Einnahmen, und in der gegenwärtigen Situation finden sie auch keine Beschäftigung, die honoriert würde. Ernst zu nehmende Rücklagen können die meisten Freien schon seit vielen Jahren nicht mehr bilden.
 
Deshalb werden jetzt verzweifelte Rufe laut, die Sozialfonds der Verwertungsgesellschaften (VG Wort, VG Bild-Kunst) sollten einspringen (und ihre Töpfe aufgestockt werden).
 
Diese Hoffnung muss ich als Insider* leider bremsen. Beide VGs mussten in dieser Woche sinngemäß darauf hinweisen, dass die Fonds tun werden, was sie können, aber für die derzeitige Lage – sprich: überraschend über uns hereinbrechende Höhere Gewalt in Form immer rigoroserer Covid-19-Eindämmung – schlichtweg nicht geschaffen sind. Sie sind so konstruiert und finanziert, dass sie in einzelnen Härtefällen Mitgliedern und Wahrnehmungsberechtigten aus der Klemme helfen können. Die VG Bild-Kunst hat vorgerechnet, dass ihr Fonds mit einer Million Euro gerade einmal 2000 Mitgliedern je 500 € überweisen könnte. Drehen wir das mal so um, dass viele Betroffene eher eine akute Liquiditätsspritze von 2000 € benötigen würden, reichte das Geld nur für 500 von ihnen.

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Klarstellung zur Verlegerbeteiligung bei der VG Wort

Ich sage es nicht gerne, aber es gibt bösartige und intrigante Journalisten, die lieber anderen die Worte im Mund verdrehen, statt ordentlich zu recherchieren und sachlich darüber zu schreiben. Wenn sie besonders bösartig sind, nutzen sie ihre eigene verzerrte Darstellung der Realität als Begründung, Kollegen aufzufordern, aus dem Berufsverband auszutreten, den sie selbst nach erfolglosen Versuchen, andere Ehrenamtliche per Online-Mobbing zu demotivieren, verlassen haben.

Ein Zeitgenosse dieses Schlages verbreitet seit längerer Zeit bei jeder sich bietenden Gelegenheit die Mär, der DJV im Allgemeinen sowie der DJV-Bundesvorsitzende und ich im Besonderen seien für eine „Teil-Enteignung“ der Journalisten zugunsten der Verleger. Diese Behauptung steht im Kontext der Umsetzung der Europäischen Richtlinie zum Urheberrecht im Digitalen Binnenmarkt (DSM-RL) in deutsches Recht. Neuester Aufhänger für den Kollegen, der gerne seine eigenen Tweets retweetet, ist die Stellungnahme des DJV zum Entwurf des Bundesjustizministeriums. Darin heißt es, die gemäß Artikel 16 wieder einzuführende Beteiligung der Verleger an den Einnahmen der Verwertungsgesellschaften aus der Gesetzlichen Vergütung sei unter Journalistinnen und Journalisten nicht unumstritten, da „die Urheber“ etwas abgeben müssten.

Diese Formulierung in dem für kundige Mitarbeiter des BMJV geschriebenen Papier ist insofern etwas unglücklich, als der bestimmte Artikel hätte gestrichen werden sollen. Urheber werden etwas abgeben müssen, aber nicht DIE Urheber. Beispielsweise sind Rundfunkmitarbeiter – und um einen solchen handelt es sich bei dem eifernden Twitterer – nicht betroffen. Sendeanstalten wie sein Stammkunde, der Deutschlandfunk, sind keine Verleger (weder im richtigen Leben noch im Sinne des Gesetzes). Wenn sich also ein Radiojournalist in Szene setzt als Opfer einer (Teil-)Enteignung, lügt er.

Woher kommt überhaupt das Gerede von der Enteignung? Und was hat das mit dem DJV zu tun? Zunächst Letzteres: Der besagte Kollege wurde nach seinem pompös verkündeten Austritt aus dem DJV bei den Kollegen von ver.di gesichtet. Dabei vertreten die Autorengewerkschaften in ver.di die gleiche Position wie der DJV. Dass der Mann immer nur gegen den DJV schießt, hat lediglich etwas mit seinen persönlichen Animositäten zu tun. „Klarstellung zur Verlegerbeteiligung bei der VG Wort“ weiterlesen

VG Wort: Hier wird nichts verschenkt

So schön es ist, dass mehr Kollegen das Urheberrecht für sich entdeckt haben, so schade ist es, dass manche von ihnen zu „meinem“ Thema fantasievolle Beiträge leisten, für deren Lektüre man – freundlich formuliert – einen robusten Humor braucht.

Wer männlich und 60plus (ein paar Monate) ist und keinen Migrationshintergrund hat, der ist was? Richtig, ein alter weißer Mann (AWM™). Wo dieses Stereotyp auftaucht, ist gemeint: Da ist jemand, der zum alten Eisen gehört und am besten die Schnauze hält, weil er – wenn auch unverschuldet – drei Eigenschaften in sich vereint, die ihn zumindest in dieser Kombination disqualifizieren. Das war anfangs durchaus lustig, weil ein paar meiner Altersgenossen durch ihre altväterlichen, arroganten, machohaften Sprüche intelligenten jungen Frauen (mit oder ohne dunkleren Teint) gute Gründe für den Stoßseufzer geliefert hatten. Franz Josef Wagner ist quasi der Prototyp des AWM, denn er bedient das Klischee des Kerls, der nicht mehr lernt und nicht mehr lernen will, in welcher Welt wir leben, ständig aufs Neue.

Rein formal bin ich natürlich auch ein AWM. Aber noch nie hat mich eine junge Frau so genannt. Bis zum Rentenalter (siehe Screenshot) muss ich noch fünfeinhalb Jahre arbeiten. Ich denke auch nicht, mich wagnerhaft benommen zu haben. Deshalb war ich in jeder Hinsicht überrascht, als mich neulich mein Kollege und Zeitgenosse Peter W. öffentlich so titulierte. Glaubt man seinen Tweets, bin ich nicht nur ein AWM, sondern sogar einer, der „das Geld der Autoren“ – meines, seines, Ihres? – den Verlegern schenkt und sich eine Zensur des Internets herbeiwünscht. Dass er mich nicht als Masochisten darstellt, der sich wie ein Flagellant täglich die Geißel über den Rücken zieht, ist alles.

Um das bemerkenswerte Kommunikationsverhalten des Kollegen W. einordnen zu können, sollte man wissen, dass er ein weißer Mann ist, aber noch nicht alt. Erst nächstes Jahr stößt er an die unsichtbare Grenze, die Alt von Jung trennt, diese Schallmauer mit der großen 60 drauf. Vielleicht will er das Stereotyp unbedingt noch benutzen, solange es für ihn noch nicht zu spät dafür ist. Kraft meiner frisch erworbenen Altersweisheit und eingedenk der weiteren Umstände tendiere ich indes zu der Einschätzung, dass W. ein verkannter Witzbold ist, einer mit Hang zur Selbstironie und skurrilem Humor. Otto Waalkes hat ja einst auch Ostfriesenwitze gerissen. „VG Wort: Hier wird nichts verschenkt“ weiterlesen