„Noch vor 20 Jahren wurden Hühnchen in Deutschland im Ganzen verkauft. Heute wird das Huhn in Teile zerlegt. Brust und Keule werden verzehrt… Der Rest – Hals, Innereien, Schenkel – können hierzulande kaum noch verkauft werden.“
Süddeutsche Zeitung, 23.5.2011, „Die Reste für Afrika“
Vom falschen Plural einmal abgesehen: Hühnerbrust und Hähnchenschenkel waren auch 1991 schon im Handel, ganze Poularden sind immer noch zu haben. Und was bitte soll der Unterschied zwischen Schenkel und Keule sein?
„urbanes Liftsystem in der Favela“
Süddeutsche Zeitung, 21.5.2011, „Im Anfang war der Lehm“
Bei diesem gut gemeinten Beitrag über Architekten in der Dritten Welt fiel der Redaktion wohl gerade das Wort „Seilbahn“ nicht ein, oder es war ihr zu simpel und verständlich. Die dazu abgebildete Favela in Caracas ist übrigens weder in sprachlicher noch in städtebaulicher Hinsicht eine Favela, sondern ein Barrio. San Augustín heißt in Wahrheit San Agustín. Außerdem haben die Stadtplaner Brillembourg und Klumpner Caracas mit ihrer Seilbahn nichts Neues beschert, sondern die Renaissance eines Verkehrsmittels, das es in der venezolanischen Hauptstadt schon in den 50ern gab. Wer wissen will, wie es wirklich dazu kam, dass Hugo Chavez das urbane Liftsystem, pardon, die Seilbahn aus Vorarlberg toll fand, liest aber ohnehin besser die Story von Gerhard Waldherr in brandeins. Der weiß, wovon er schreibt.
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Sicherlich gab es schon in den 50er Jahren eine Seilbahn in Caracas – aber nur als Verbindung zu einem touristischen Aussichtspunkt, nicht als Erweiterung des öffentlichen Metro-Systems in eine illegale, informelle Siedlung mit mehreren Stationen hinein, um diese dauerhaft mit der formellen Stadt im Nahverkehr zu verknüpfen. Darin liegt der radikale Ansatz: von einem Vergnügungsmittel zu einem alltäglichen Transportmittel für die Armen. Ausserdem ist das MetroCable Projekt in seinem Konzept der Architekten mit zahlreichen Elementen verbunden (Ginnasio Vertical und Einkaufsmöglichkeiten), die die Seilbahnstationen zu neuen Orten der Gemeinschaft im Barrio machen und damit die Anerkennung des Barrio als eigene Lebensform innerhalb der Stadt zu signalisieren.