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Heute kam nun viagra ots eine PR-Meldung reingetickert, wie man sie bisher nur von V!4GR4- und C1AL!5-Spammern kannte:
Umfrage enthüllt: Vorspiel, Intimrasur, Penislänge – was denkt SIE wirklich?
Auftraggeber der dpa-PR-Tochter war eine kanadische Firma namens AshleyMadison, die ein „Fremdgeh-Portal“ betreibt und mit dem Schwanzlängenvergleich für den „Seitensprung via iPhone“ wirbt. Yes, there’s an app for it!
Zunächst zur exhibitionistischen selbstentblößenden enthüllenden Umfrage:
Da meine Frau fürs Institut für Demoskopie tätig ist, habe ich eine recht gute Vorstellung davon, wie seriöse Umfragen ablaufen und wie sehr manche Menschen es scheuen, sich auch nur zu einem völlig unverfänglichen Thema interviewen zu lassen, etwa zu ihren Lesegewohnheiten oder zur Schulpolitik.
Es muss aber wohl auch andere geben, so richtig Scham- und Hemmungslose, und zwar mindestens 2389 von ihnen. So viele Fremdgänger und -gängerinnen aus dem Kundenkreis der Firma haben angeblich die schlüpfrige Befragung mitgemacht, wobei die Männer für die Empirie sogar zum Zollstock greifen mussten. Resultat dieser Meinungs- und Sozialforschung der etwas anderen Art:
„Es kommt nicht auf die Länge an, sondern auf die Technik – von wegen! Fast jede fünfte Frau (19,6 Prozent) gibt als Wunschlänge für das beste Stück des Mannes „bis zu 25 cm“ an. 11 bis 15 cm sind für 15,7 Prozent Prozent der Frauen in Ordnung, 2 Prozent mögen die XL-Variante mit über 25 cm und keine der Frauen gab an, auf unter 11 cm zu stehen. Die meisten Frauen – 62,7 Prozent der Befragten – jedoch finden „ihn“ mit 16 bis 20 cm einfach perfekt. Es trifft sich also gut, dass 61,5 Prozent der Männer angeben, ihr Penis sei im erigierten Zustand ebenso groß.“
Haben Sie mal mitgerechnet? Die Anteile summieren sich auf 100,0 Prozent. „Weiß nicht“ oder „ist mir egal“ war wohl als Antwortoption nicht vorgesehen.
Nun zur App: Die kost‘ zwar nix – für des virtuellen Swingerclubs Mitglieder mit Gliedern beliebiger Länge. Aber mangels iPhone und AshleyMadison-Mitgliedschaft kann ich mir nicht selbst ein Bild davon machen, wie so ’ne App überhaupt aussehen könnte. Zielgruppe sind wohl uncoole Typen, denen die Damen einschließlich der Angetrauten trotz ihres beeindruckenden Smartphones (So you’ve got an iphone? That don’t impress me much) nicht zu Füßen liegen und die deshalb im Park per GPS-Ortung auf Pirsch nach willigem Frauwild gehen, das wie sie das EINE will, nämlich endlich mit IRGENDWEM ab ins Gebüsch, wobei der Kerl von IHR natürlich auch nur nach quantitativ-funktionalen Kriterien bewertet wird. (Puh, das war mein Bandwurmsatz des Jahres.)
Zwei Dinge würden mich schon mal interessieren: Wie kriegt das iPhone die technischen Daten seines Weiner-lichen Herrchens in das Foto rein, dass er der Auserwählten funkt? Und wie blöd kann ein seitensprungwilliger Ehemann sein, dass er auf seinem von der Gemahlin leicht zu überwachenden Handy nicht nur sein Bewegungsprofil speichert, sondern auch noch eine App, deren Zweck dank der PR-Genies von AshleyMadisons Agentur „hesse und hallermann“ jetzt ja nun jeder kennt?
Im übrigen: Wenn Steve Jobs mitkriegt, was für eine App da wieder die Mauern seines Appstores penetriert hat, rollen in Cupertino sicher wieder Köpfe.
* Sorry für den Lapsus. Kam aus dem nicht immer zuverlässigen Langzeitgedächtnis. „Originaltext“ als Synonym für PR: Das hat echt was. UJF, 15.7.2011
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Nun, so mancher sagt ja, daß das iPhone der Schwanzvergleich des 21. Jhdts. sei.
Was aber eigentlich nicht stimmen kann: Schließlich ist das Handy das erste Mal in der Geschichte der Männlichkeit, daß jeder das Kleinste haben will 🙂 – insofern frag ich mich jetzt auch, wie man mit dem Handy sowas messen will…andererseits hat uns doch Herr Weiner gezeigt, daß Mann da gar nicht erst lange rummißt, sondern das potentielle Tatwerkzeug einfach fotografiert und dann gleich allen 56000 Followern schickt – die Hälfte davon ist ja schließlich weiblich.
Und Statistiken in dem Bereich werden eigentlich immer von daran interessierten Kreisen gemacht – so haben angeblich ja alle schon mit 14 6, und die Studie kommt dann von einem Kondomhersteller…
Dazu habe ich seinerzeit mal eine Studie englischer Wissenschaftler wiedergegeben, die belegte, daß ganz umgekehrt die Sex-Spam-Werbung dazu führt, daß Männer denken, sie seien nicht groß genug. ((…Off-topic-Anmerkung aus persönlichkeitsrechtlicher Vorsicht entfernt. – UJF))
Den Sinn von Presseportal.de verstehe ich allerdings nicht. Ich habe früher ots genutzt, ich nutze auch mal mir persönlich zugesandte Meldungen, aber ich habe noch nie etwas auf presseportal.de gesucht. Das tun dann nur Leute wie Du, um zu gucken, wo eine Meldung her ist, was dazu führt, daß man im Jahr 2011 Pressemeldungen gar nicht mehr verwenden kann, weil dann Guttenplag & Co analysieren, wieviele Worte man original übernommen hat, wieviele ergänzt, wieviele umgeschrieben (was dann plötzlich als „journalistisch“ gilt, obwohl es nur die Textqualität senkt und die Quelle vertuscht).
Und nun, man kann bei ots alles Mögliche einreichen, es ist nun mal nur ein Verteilkanal, der ursprünglich über Satellit lief. In der Zeit, als es noch nicht genug Pressemeldungen gab – heute stöhnt ja jeder nur noch…
PS: Ein Mann, der seitenspringt, sollte seine Frau im eigenen Interesse nicht an sein Handy lassen, ob nun mit App oder ohne, das macht den Kas dann echt nicht mehr fett. Ehrt Dich, Ulf, daß Du sowas nicht weißt 😉 – eher schon dürfte der Anmach-Spruch „darf ich Dir meine App-Sammlung zeigen?“ dann in die Hose gehen – bzw. nicht.
kleine anmerkung, ots steht für originaltextservice, nicht für online ticker service. ansonsten gratulation zur aufreizend boulevardesken headline 😉