Das Urheberrecht wird abgeschafft – nicht juristisch, nicht von den Piraten, sondern sprachlich, von schlaumeiernden Urhebern, die in Beiträgen über das Urheberrecht fahrlässig den Eindruck erwecken, man müsse endlich von diesem vermeintlich negativ besetzten Fachbegriff wegkommen.
„Die gesamte Ökonomie auch außerhalb des Internets hat ein starker Sog in Richtung der Immaterialgüter erfasst, wie man nichtdingliche Güter, letztlich aus Daten bestehend, juristisch korrekt nennt.“
Sascha Lobo, SpOn, 15. Mai 2012
„Kein Spitzenpolitiker äußere … sich gerne zu den Themen des korrekt als Immaterialgüterrecht beschriebenen Fachbereichs.“
Dirk von Gehlen, SZ, 19. Mai 2012
Nein, Leute, mit dem Begriff „Immaterialgüter“ alias Intangible Assets hat es eine ganz andere Bewandtnis.
„Immaterialgüterrecht“ ist kein Begriff, der „korrekt“ den dann wohl „inkorrekten“ Terminus „Urheberrecht“ ersetzen würde.
In Wirklichkeit stammt der Ausdruck aus der Welt der Handelsrechtler und Betriebswirte. Es ist ihr Sammelbegriff für alles nicht Anfassbare, das sie bilanzieren möchten: Patente, Marken, Gebrauchsmuster, Design und eben auch Musik, Texte und Bilder.
Es ist alles nur eine Frage der Perspektive: Das Immaterialgüterrecht interessiert sich nicht für den Urheber oder den schöpferischen Akt, sondern für das mit einem Preisschild zu versehende Produkt des künstlerischen oder intellektuellen Schaffens und dessen wirtschaftliche Verwertung. Das Urheberrecht dagegen stellt den Künstler in den Mittelpunkt.
Wer sich in einer Diskussion über das Urheberrecht den Begriff „Immaterialgüterrecht“ zu eigen macht, geht denen auf den Leim, die die Existenz geistigen Eigentums bestreiten und den Urheber – das konstituierende, aber zugleich schwächste Glied der Verwertungskette – marginalisieren wollen.
In diesem einen Punkt sind sich Piratisten und Verfechter des amerikanischen Full-Buyout-Copyrights auf seltsame Weise einig: Für beide sind die Werke eine Handelsware, über deren Wert sie über den Kopf des Urhebers hinweg streiten. Es ist aber nun mal so, dass sich diese beiden Parteien nur in den Besitz des Werks bringen können, dessen Eigentümer nach geltendem Recht der Urheber bleibt.
Immaterialgüterrecht ist Besitz- und Nutzungsrecht, nicht Eigentumsrecht.
Sie sind der oder die 7030. Leser/in dieses Beitrags.
1. Im Artikel waren es noch Lobo & Co, jetzt ist es das MPI. Nagut. Vielleicht sollten Sie das dann auch schreiben – wenn Sie einzelne Personen herausgreifen, sollten Sie das unterstellte Verhalten auch bei diesen belegen können. Gerade das Beispiel MPI illustriert meine These, dass eben „geistiges Eigentum“ durch „Immaterialgüter“ ersetzt wird, nicht Urheber.
2. Das ist falsch. Gewalt ist ein definierter Begriff, der ausdrücklich auch psychische Schädigungen einschließt. Raub und Diebstahl sind hingegen Begriffe, die sich ausschließlich auf physische Dinge beziehen. Ein wichtiger Grund für die Ächtung ist die Tatsache, dass die Bereicherung an fremden Sachen automatisch die Wegnahme für den anderen bedeutet.
Natürlich können Sie alle Begriffe benutzen die Sie mögen und auch polemisieren, wie es Ihnen gefällt. „Raubkopierer“ finde ich auch nicht einmal so problematisch, da er offensichtlich keine echten Analogieschlüsse erlaubt – „Diebstahl geistigen Eigentums“ deutet schon eher daraufhin, dass damit eine Gleichsetzung zum Straftatbestand des (physischen) Diebstahls gemeint ist.
Ich glaube einfach, dass eine weniger aufgeladene Sprache das Finden von Lösungen erleichtert. Ansonsten können wir uns alle in unseren Biotopen einigeln und draußen wird weiter getauscht, was das Zeug hält. Mit den bekannten negativen Folgen für Urheber, Nutzer und das allgemeine Rechtsempfinden.
3. Das war schon eine ernsthafte Frage. Und ich verfolge auch die Diskussion, danke. Ich habe nach Ihrer Position gefragt und danach wie es die aktuelle Lage verschlechtert. Das „Aus-dem-Kontext-reißen“ funktioniert ja auch mit jetzt erlaubten Zitaten und über Verweise. Wollen Sie die auch verbieten?
4. Ok. Er scheint sich allerdings selbst in seinem eigenen Blog nicht unbedingt einer breiten Zustimmung zu erfreuen. Von einer breiten öffentlichen Zustimmung gar nicht zu reden.
5. Vielleicht haben sie ja Gründe für ihre Positionen… Und vielleicht sehen sie die Chancen und Risiken der Digitalisierung einfach etwas anders als Sie. Nicht jeder, der eine ander Meinung hat ist deswegen böswillg, egoistisch, gekauft oder von anderen niederen Motiven getrieben…
6. Dier Abschnitt gefällt mir deutlich am besten (keine Ironie).
Das Problem des privaten Auskunftsanspruchs liegt darin, dass hier Teile der Gesetzesdurchsetzung an den dafür vorgesehenen Gewalten vorbei gehen sollen. Wenn ich sehe, wie jetzt schon perfekt legale Inhalte auf dem „kleinen Dienstweg) gesperrt werden und Firmen gern das Urheberrecht als Kampfmittel missbrauchen, möchte ich schon, dass vor Weitergabe von Informationen eine dafür vorgesehene neutrale Stelle geschaltet ist.
Ansonsten kann Ihren Abschlussatz nur unterschreiben:
„Man kann das alles mit Augenmaß regeln, und man kann die Hürden für die Strafverfolger so aufstellen, dass diese sich auf die wirklich bösen Jungs konzentrieren, die vorsätzlich vorgehen.“
Nein, das Zitatrecht will ich nicht einschränken. Ansonsten: Der Worte sind jetzt erst mal genug gewechselt.
Kurzfassung meiner Fragen aus einer längeren Diskussion auf Google+ auf Bitten von Herrn Froitzheim hierher kopiert: https://plus.google.com/u/0/100436529514113241612/posts/CtmZWuhBZa2
1. Wer möchte den Begriff „Urheberrecht“ durch „Immaterialgüterrecht“ ersetzen? Ich meine, dass „Geistiges Eigentum“ durch „Immaterialgüter“ ersetzt werden kann, wenn es um Ergebnisse kreativer Arbeit zwecks Verkauf geht.
2. Inwieweit ist die Kritik an Begriffen wie „Raub“, der fälschlicherweise eine Analogie zu brutalen Straftaten unterstellt, wo es eher um Leistungserschleichung geht, illegitim?
3. Welche aktuelle diskutierten Vorschläge zum Urheberrecht verschlechtern die Möglichkeit eines Kreativen gegen unerwünschte Vereinnahmung vorzugehen gegenüber der aktuellen Situation?
4. Wer will das Urheberrecht abschaffen – bitte mit Beleg?
5. Wenn es nicht die von Ihnen genannten Personen sind, wer steckt dahinter und wie steuert er diese Personen?
6. Habe ich das richtig verstanden – Sie sind gegen Änderungen der aktuellen Situation und damit auch gegen Einführungen neuer Schutzrechte (Leistungsschutzrecht) und Verschärfung von Überwachungsmöglichkeiten wie ACTA, PIPA etc. und gegen Sanktionsmodelle wie „3 Strikes“ oder „2 Strikes“?
1. Es hat wenig Sinn, das auf einzelne Personen herunterzubrechen, denn es handelt sich um eine Denkschule, die offenbar für manche Leute (auch Journalistenkollegen) attraktiv ist. Ein Beispiel für den Trend: Das 1966 gegründete Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Patent-, Urheber- und Wettbewerbsrecht, erst 2002 umbenannt in MPI für Geistiges Eigentum, Wettbewerbs- und Steuerrecht, heißt seit 2011 MPI für Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht. Wenn Sie Reto Hilty als einen der Trendsetter dieses Paradigmenwechsels weg von der Urheber- hin zur ökonomistischen Sichtweise bezeichnen, liegen Sie jedenfalls nicht ganz falsch.
Ich meine, dass man sehr gute Gründe haben muss, um einen auf den Menschen bezogenen Begriff wie „geistiges Eigentum“ durch einen blutleeren, abstrakten, technokratischen Begriff aus der Wirtschaftswissenschaft zu ersetzen. Dann geht es nur noch um Verkauf, die Kreativität wird zum Mittel der Umsatzgenerierung degradiert. Als Urheber und Künstler sollte man zwar den kommerziellen Wert seiner Arbeit und die Geschäftsmodelle der Rechtehändler kennen, um von seiner Arbeit leben zu können. Aber der Impetus ist doch ein anderer, als wenn man Wäscheklammern oder Semmelbrösel verkauft.
2. Eine Analogie ist eine Analogie. Ein Vergleich, nicht mehr. So wie Sie argumentieren, wäre der Begriff „psychische Gewalt“ illegitim. Man dürfte Mobbing und Stalking nicht als Psychoterror bezeichnen, weil die Brutalität keine körperliche ist. Auch die bloße Androhung von Schlägen durch einen Polizisiten beim Verhör wäre kein Problem, da ja niemand wirklich zuhaut. Und natürlich hätte es nie „Mundraub“ gegeben, denn die Gewalt richtete sich höchstens gegen den Apfelbaum, dem der Täter die Frucht entreißt.
Ich weiß, dass es für die zarten Seelchen unserer Pirätchen Psychoterror ist, wenn man ihre in einem kurzen Anfall von Humorfähigkeit selbstgewählte Bezeichnung mit „Seeräuber“ übersetzt, wo sie doch noch nie einen Kapitän an den Mastbaum gehängt haben und sich immer nur streng pazifistisch-vegan an den Früchten des Schaffens anderer vergreifen. Muss ich auf diese Sensibilitäten Rücksicht nehmen? Nein, jedenfalls so lange nicht, wie diese hedonistischen Egoisten keine akzeptablen Lösungen dafür anbieten, wie meiner einer auch morgen noch seine Familie durchfüttern kann.
Zur „Leistungserschleichung“: Solche Begriffe lassen wir doch bitte da, wo sie hingehören – in Anklageschriften und Gerichtsurteilen. Für mich ist ein Schwarzfahrer unabhängig von der Farbe seines Sakkos oder seiner Haut ein Schwarzfahrer, ein Ladendieb ein Ladendieb, obwohl noch nie einer einen ganzen Laden hat mitgehen lassen.
Außerdem erschleicht sich ein Filesharer nicht wie ein Schwarzfahrer eine Leistung, sondern er ermöglicht einer Vielzahl von Erschleichern das Erschleichen. Die Analogie wäre also einer, der per Twitter seinen Followern mitteilt, in welcher S-Bahn die Luft rein ist, weil die Kontrolettis gerade ausgestiegen sind.
BTW: Der Begriff „Raubkopie“ stammt nachweislich aus den Tiefen des vordigitalen Zeitalters. Er ist also älter als die meisten Piraten. wahrscheinlich sogar älter als Bernd Schlömer und Joachim Paul. Belege aus der Zeit vor den Siebzigern suche ich noch, da habe ich bisher nur unter viel Patina den „Raubdruck“ gefunden.
3. Dafür reicht hier der Platz nicht. Einfach mal die Diskussion verfolgen. Pars pro toto: Jeder Vorschlag, der das Urheberpersönlichkeitsrecht einschränkt. Wer die nicht-kommerzielle Weiterverbreitung und Remixe grundsätzlich legalisieren will, erlaubt beispielsweise einer extremistischen Partei, beliebige Passagen meiner Texte aus dem Kontext zu reißen, um mich vor ihren Karren zu spannen. Man kann Texte nicht wie Popmusik behandeln.
4. z.B. Michael Seemann. Er sagt: „Die Urheberfiktion ist ein schon lange dekonstruiertes Hirngespinst:“
http://carta.info/42377/urheberrecht-ersatzlos-streichen/
Aber nicht nur er. Siehe z.B. bei Carta den Kommentar 83 von Geraldine Göllner, einer Dame, die zwar von Berufs wegen zu den Schreibern gehört, aber aus naheliegenden Gründen eher selten Urheberschaft reklamieren wird, bietet sie doch so genanntes wissenschaftliches Ghostwriting an. Sie „berät“ also, wie es im Branchenjargon so schön heißt, Möchtegern-Master und -Diplomisten bei der Erstellung der zur Erlangung ihres Abschlusses unvermeidlichen Arbeiten. Dass so jemandem das Urheberpersönlichkeitsrecht am Gesäß vorbeigeht, liegt auf der Hand.
In den Carta-Kommentaren finden Sie auch Nettigkeiten wie diese:
„Der Wegfall des UR bedeutet ja nicht zwingend, dass die Kreativen leer ausgehen sollen.“ (# 84) Sehr großzügig, diese Leute.
5. Was weiß ich? Ich bin kein Verschwörungstheoretiker. Klar ist nur: Diese Ideen sind nicht auf dem Mist derer gewachsen, die sie aktuell verbreiten. Ich finde es jedenfalls schade, wenn sich Kollegen in vorauseilendem Gehorsam den Jargon von Leuten aneignen, die ganz andere Interessen haben als die Urheber.
6. Ich bin nicht grundsätzlich gegen Änderungen. Ich bin nur gegen weitere Verschlechterungen der Rechte der Urheber.
Von einem Leistungsschutzrecht für Verleger, die mit automatischen CMS vor allem dpa-Content durchlauferhitzen, halte ich gar nichts, es ist absurd. Auch wenn ich liebend gerne ein Stück von Googles Kuchen abbekäme, halte ich die Hoffnung meines Berufsverbandes, wir Journalisten könnten dabei profitieren, für illusorisch. Die Idee ist inzwischen sogar vielen Verlegern peinlich. Das gilt aber nicht für Leistungsschutzrechte im allgemeinen. Es gibt Bereiche der Medienwirtschaft, in denen schützenswerte Leistungen erbracht werden.
Was ich von dem völlig verkorksten, sinnlosen, kontraproduktiven Abkommen Acta halte, aber eben auch von der künstlichen Aufregung darum (es würde mitnichten etwas an den Überwachungsmöglichkeiten ändern, auch etliche andere Vorwürfe entbehren jeder Grundlage), ist hinlänglich bekannt. Gefahren lauern ganz woanders, etwa in der flächendeckenden Einführung von IPv6: Insbesondere den Menschen, die derzeit mit der normativen Kraft des Faktischen argumentieren, den Urhebern bleibe nur eine Kapitulation, sollte klar sein, dass die Möglichkeit, jedem netzfähigen Gerät eine eigene IP zuzuweisen, über kurz oder lang dazu führt, dass das zum Normalfall wird. In ein paar Jahren wird jeder, der auf dynamischen IPs besteht, sich dafür rechtfertigen müssen, weil er sich dem Verdacht aussetzt, etwas verbergen zu wollen. Dynamische IPs sind technisch obsolet, und sie stehen neuen Geschäftsmodellen (Internet der Dinge) im Weg. Also werden sie verschwinden, wenn es keinen Massenaufstand für ihren Erhalt gibt. Acta ist dagegen ein lächerliches Kinkerlitzchen.
Also ganz klar: Wer als Journalist für die Verschärfung der Telekommunikationsüberwachung eintritt, hat seinen Beruf nicht verstanden. Man kann den Teufel doch nicht mit dem Beelzebub austreiben. Ob der Beruf des Journalisten an Austrocknung (der Urheberrechte) krepiert oder an der Vergiftung des Rechtsstaats durch totalitäre Überwachung, hat letztlich den selben Effekt. Ich bestreite allerdings nicht, dass es auch vollvernagelte Journalisten gibt. Neulich schrieb ein Kollege eine Reportageseite voll mit PR für die Vorratsdatenspeicherung. In einer Zeitung, deren Redakteure sonst den Rechtsstaat mit Verve verteidigen. So etwas macht dann auch mich fassungslos.
Zu den Strikes: Natürlich ist Hadopi Irrsinn – so was denken sich nur Leute aus, die keine Ahnung haben, aber ein gestörtes Verhältnis zu den Grundrechten. Nur: Wer fordert das denn in Deutschland überhaupt? Mir fällt niemand ein, nicht einmal Hans-Joachim Otto ist so unvernünftig. Allerdings sehe ich wohl, dass es reichlich Leute gibt, die reflexartig jedem Urheber, der auf seine Rechte pocht, solche sinistren Absichten unterstellt. Das ist Meinungskampf der unredlichen, unappetitlichen Sorte.
Aber…
Die geltende Rechtslage gibt mir einen Auskunftsanspruch gegen über dem Provider, wenn ein Kunde von ihm, dessen Identität nicht anders feststellbar ist, meine Rechte verletzt. Ich gebe zu, dass ich dieses hypothetische Recht grundsätzlich richtig finde; allerdings sieht die Praxis ja anders aus. Jemanden zu verfolgen, lohnt sich für mich überhaupt nicht, denn ich müsste erst einmal viel Geld ausgeben, um am Ende zu erfahren, dass die Logfiles längst gelöscht sind. So etwas lohnt sich auch für andere journalistische Einzelurheber allenfalls in seltenen Ausnahmefällen. Insofern wird das Gesetz hier seinem eigenen Anspruch nicht gerecht, Menschen wie mir Rechtsschutz zu gewähren. De facto begünstigt es Fallensteller, die beispielsweise Kochbuchfotos gezielt als Köder auslegen, damit sie Naivlinge abzocken können. Andererseits müssen Musik- und Filmproduzenten im Interesse aller an der Produktion beteiligten Künstler die Möglichkeit haben, gegen professionelle Verletzer vom Schlage kino.to oder Mega-Kim.com vorzugehen.
Wo also liegt der goldene Mittelweg für einen, der wie ich Aufklärung vor Verfolgung stellt? Hier kommen wir zum Thema (gebührenfreie!) Verwarnung. Ich wüsste nicht, was daran schlimm sein soll, wenn ein Rechteinhaber (wie ich) gegenüber dem ISP den Anspruch hat, dass dieser einem mutmaßlichen Verletzer – dessen Realnamen ich nicht kenne, er aber schon – eine Mail schickt, in der er darüber belehrt wird, dass von seinem Anschluss aus gegen Gesetze verstoßen wurde und er dies bitte ab sofort unterlassen oder schnellstens abstellen möge, wenn er Ärger und Kosten vermeiden möchte.
So verstehe ich Warnung: Den kleinen Rest der Arglosen, die immer noch nicht kapiert haben, wie man sich gesetzeskonform verhält, darf man selbstverständlich nicht aus heiterem Himmel mit teuren Abmahnungen überziehen, schon gar nicht auf dem Weg der Anschlussinhaberhaftung. Nehmen wir mal an, mein Filius würde trotz meines Verbots Mist bauen, würde ich so erfahren, dass er es tut. Ich wäre aber alles andere als erfreut, wenn ein Justiziar mich in Haftung nehmen wollte, ohne mir eine echte Chance gegeben zu haben, einen renitenten Pubertierenden mit den einem Vater zu Gebote stehenden erzieherischen Mitteln zur Raison zu bringen.
Man kann das alles mit Augenmaß regeln, und man kann die Hürden für die Strafverfolger so aufstellen, dass diese sich auf die wirklich bösen Jungs konzentrieren, die vorsätzlich vorgehen.
Ich hatte bisher den Begriff „Immaterialgut“ einfach für ein Mehr-oder-weniger-Synonym von „Geistiges Eigentum“ gehalten. Genauer gesagt: Die Beziehung stellt sich mir ähnlich dar wie zwischen „physisches Gut“ und „physisches Eigentum“. Ist das denn falsch?
Das ist eine Frage der Perspektive. Wenn man Kulturgüter zur Handelsware reduzieren möchte, bezeichnet man sie als Immaterialgüter. Dann sind sie nichts anderes als Marken, Technikpatente oder geschützte Designs, also etwas Profanes, Banales. Das trifft für einen gewissen Teil der Produktion sogar zu, nur wird es der kulturellen Bedeutung insgesamt nicht gerecht. Das „geistige Eigentum“ stellt dagegen den Kreativen bzw. den Schaffensakt in den Mittelpunkt.
Für die Kreativen wäre die dem Begriff innewohnende Ignoranz dennoch hinnehmbar, wenn dahinter nicht die angelsächsische Copyright- und Content-Denke lauerte, die das Geschäftsinteresse des Inhaltevertreibers (und den Aktienkurs) vor die eigentlichen Inhalte stellt. Mit dieser industriellen Denkungsart habe ich so meine Probleme. Journalisten, Schriftsteller und Künstler im allgemeinen haben in der Regel einen Anspruch. Wir wollen nichts Beliebiges oder Austauschbares liefern. Just dies ist aber die (durchaus beabsichtigte) Konnotation der respektlosen Wortschöpfung „Immaterialgut“. Journalisten, die so reden, haben etwas Masochistisches an sich.
Okay, die Einschätzung kann ich verstehen, wenn auch nicht ganz nachvollziehen. Zumindest bei mir war es bisher so, dass ich den Begriff Immaterialgut nicht mit dem „Reduzieren von Kulturgütern zur Handelsware“ verknüpft hatte (zumindest nicht mehr als „Geistiges Eigentum“), und der Begriff für mich deshalb auch nicht negativ konnotiert war. Es kann aber sein dass die Bezeichnung eher im betriebswirtschaftlichen Zusammenhang verwendet wird, und deswegen deine Betrachtung gerechtfertigt ist. Allein der Begriff weist IMHO, anders als „Urheberrecht“, noch nicht auf die zentrale Rolle des Urhebers hin.
Weil du die Angelsachsen erwähnst… Wenn es da um geistiges Eigentum als reine „Handelsware“ geht, Patente usw., dann wird meist das Kürzel IP verwendet, Intellectual property. Der Begriff ist ja unserem „Geistigen Eigentum“ ähnlich. Zumindest im englischsprachigen Bereich ist es also nicht so, dass der Begriff den Urheber in den Mittelpunkt stellt. Wobei das da generell überhaupt selten so zu sein scheint.
In Zusammenhang mit Intellectual property / Geistiges Eigentum fällt mir übrigens eine Google+-Diskussion ein, wo ganz andere Dinge bemängelt werden:
https://plus.google.com/110793141402106874566/posts/asut4Pwfexi
Es stimmt, dass bei Patenten meist von IP gesprochen wird. Das Immaterialgut (intangible asset) ist aber ein weiter gefasster Begriff. Ich hätte zum Beispiel meine Probleme damit, die „Golden Arches“ von McDonald’s mit dem Prädikat „intellektuell“ zu belegen, auch wenn die Werber, die einst die French Fries zu einem gelben M verbogen haben, das gewiss anders sähen. Das Warenzeichen ist aber zweifelsohne ein Immaterialgut.
ich mag danke sagen für diese Richtigstellung,
ich wusste die ganze Zeit nur, da wird was gewaltig vermischt und unredlich vermanscht, konnte es aber nicht richtig benennen was „falsch“ war. Nun kann ich es.
Das Urheberrecht ist ein besonderes Eigentumsrecht für eine ganz besonderen Art von Immaterialgüter.
Die Problematik um der es im Kern der Urheberrechtdebatte geht, zumindest nach Lobo, Gehlen, et. al. betrifft aber ALLE Immaterialgüter, auch die, die typischerweise nicht durch das Urheberrecht gesondert geschützt sind.
Was mich zusätzlich verwundert ist, warum die Verteidiger des Urheberrechts bzw. des Konzeptes „geistiges Eigentum“ immer gerne Vergleiche zwischen „geistigen“ und „physischem“ Eigentum machen, wenn es ihnen in den Kram passt, die Unterschiede aber meist aussparen.
Wie kommt es zum Beispiel, dass „geistiges Eigentum“ nicht wie sonstiges Eigentum „übereignet“ sprich übertragen werden kann? Das Urheberrecht besagt ja eben gerade, dass nur Nutzungs- bzw. Besitzrechte übertragen werden können, das Eigentum aber beim Verfasser bleibt. Womit ist diese Sonderregelung eigentlich gerechtfertigt? Offensichtlich ist ein Text oder ein Lied ja doch kein Fahrrad …
Gäbe es keine Unterschiede, bedürfte es des Adjektivs nicht. Geistiges und physisches Eigentum, ein immaterielles und ein materielles Gut sind nicht das selbe, nur das gleiche.
Beispiel Fahrrad: Mein Fahrrad ist zwar von der Rahmengröße und der Ausstattung her auf mich abgestimmt, aber es ist doch ein austauschbares Industrieprodukt und hat somit mit meiner Person herzlich wenig zu tun. Ein Artikel, den ich schreibe, hat in aller Regel sehr viel mit mir zu tun, meine Persönlichkeit fließt darin ein, die Art, wie ich denke. Von dem Fahrrad kann ich mich leicht trennen, in dem ich es verscherbele. Der Text bleibt mit mir verbunden. Das ist aber eigentlich so selbstverständlich, dass man das nicht wirklich jedesmal herausarbeiten muss.