Fossil verstümpert Kundendialog

Irgendwann Anfang des Jahrtausends habe ich mir eine sehr schöne Uhr geleistet, sehr flach, unaufdringlich, dänisches Design. Skagen heißt die Marke. Leider war das Teil von Anfang an nicht ganz dicht. Bös gesagt: Die Uhr sparte die Wünschelrute. Sobald man auch nur eine gedachte Wasserader überschritt, beschlug das Glas von innen. Eine Uhr, die als „wassergeschützt“ klassifiziert ist, sollte man nicht bei jedem Händewaschen ablegen müssen. Jedenfalls wurde die Skagen mehrfach vom Uhrmachermeister trockengelegt – und dampfte immer wieder zu. Jetzt blieb sie stehen, vermutlich Korrosion im Uhrwerk.

Was der Hersteller Fossil damit zu tun hat? Nun, er vermarktet seit ein paar Jahren das pseudoskandinavische Fabrikat. Dazu gehört die Behauptung, für Skagen gelte eine „lebenslange“ Garantie, sofern kein „unautorisiertes“ Personal die Uhr gewartet oder repariert habe. Das ist natürlich Grund, nachzufragen, wie das konkret zu verstehen ist. Bis ans Ende meiner Tage oder das der eher gezählten Tage meiner Uhr? Hätte ich bei jedem Batteriewechsel das Zertifikat des Wechslers verlangen müssen? Mit einer pfiffigen Antwort auf solche spitzen Fragen kann ein Unternehmen nicht nur bei mir punkten. Bei Fossil sind sie aber alles andere als pfiffig. Damit ist auch Skagen bei mir durch. Schade.

Hier der Kundendialog im Wortlaut – als Beispiel, wie man nicht reagieren sollte:

INTERNATIONALE LIMITIERTE LEBENSLANGE GARANTIE

Ihre SKAGEN DENMARK® Uhr ist durch eine internationale, limitierte, lebenslange Garantie, im Rahmen der Bedingungen und Konditionen dieser Garantie, geschützt. Die Garantie deckt Material- und Herstellungsfehler unter normaler Anwendung.

DIE GARANTIE DECKT NICHT:

  1. Batterie, Glas, Armbänder, ungeschützte Kristalle und andere Verzierungen.
  2. Schäden (einschließlich Wasserschäden) als Ergebnis von mangelnder Pflege, unsachgemäßer Behandlung und normalem Verschleiß.

Im Falle von Schäden, die von der Garantie gedeckt sind, wird Ihre SKAGEN DENMARK® Uhr nach dem Ermessen des Servicecenters kostenlos repariert oder ersetzt. Als Eigentumsnachweis müssen Sie den entsprechenden Kaufbeleg vorlegen. Die Garantie erlischt, wenn die Uhr von einer unautorisierten Person gewartet oder repariert wird, außer bei Anpassungen von Milanaise- oder Gliederarmbändern. …

 

Liebe „Fossilien“,

 

ich habe gerade im Internet entdeckt, dass die Marke Skagen in Ihrem Portfolio gelandet ist.

Meine Skagen-HAU ist defekt, und ich frage mich jetzt, ob die auf dieser Seite (Link) beschriebene „lebenslange“ Garantie den Fall abdeckt. Ich fände es erstaunlich (im Sinne von „Whow! Klasse!“), wenn ich Garantieansprüche bis an mein Lebensende hätte, denn dann würde ich mich dereinst im Altersheim über 40 Jahre (!) Garantie freuen. Noch seltsamer fände ich es aber, wenn damit bloß der Lebenszyklus der Uhr gemeint wäre (der ja per Definition in dem Moment endet, in dem die Uhr bei intakter Batterie stehen bleibt).

Außerdem ist mir nicht klar, was Sie unter einer Wartung durch eine „nicht autorisierte Person“ verstehen.

Natürlich lasse ich keine Laien an meiner Skagen herumpfuschen, und selbst vergreife ich mich schon gar nicht daran. Zur Reparatur war die Uhr bisher nur bei dem Fachhändler und Uhrmachermeister, bei dem ich sie gekauft habe. Die Batterie musste ich allerdings auch schon andernorts auswechseln lassen, weil ich halt nicht daheim war, als die Uhr stehen blieb. Mal war das bei Karstadt (die führen ja Skagen, aber ich habe die Batterietauschfachkraft nicht gefragt, ob sie eine „autorisierte“ ist) und mal bei einem anderen Uhrmachermeister, der mich sicherlich für einen Außerirdischen gehalten hätte, wenn ich ihn gefragt hätte, ob er zum Batteriewechsel denn überhaupt autorisiert ist; man sollte nette Menschen ja nicht ohne Not beleidigen. 😉

Kurz gesagt: Ist an Ihrer außergewöhnlichen Garantie wirklich etwas dran? Oder ist das nur werbliches Wortgeklingel ohne Nährwert?

Wenn die Garantie gilt, wühle ich gerne in den Tiefen meiner Ablage nach dem Kaufbeleg.

Um welche Uhr geht es?
Es ist eine (gefühlte zehn Jahre alte) Version der 233XXLSLC (Milanaise, nicht wie hier Leder).

Sie zeigt ein seltsames Phänomen:
Der Stundenzeiger bleibt bei der 2 hängen. Er lässt sich nur rückwärts drehen, aber nicht vorwärts. Versucht man es, bewegt sich ab diesem Punkt nur noch der Minutenzeiger. Stellt man die Uhr zurück auf eine Zeit vor dem Hänger, nimmt der Minutenzeiger den Stundenzeiger mit, und der Sekundenzeiger springt brav vorwärts.

Ich weiß nicht, ob Korrosion im Werk dahintersteckt. Auf diese Idee bin ich gekommen, weil die als wassergeschützt verkaufte Uhr schon von Anfang an ein Feuchtigkeitsproblem hatte. Es genügte, sich an einem spritzenden Wasserhahn die Hände zu waschen, prompt bildete sich Kondenswasser unter dem Glas. Die Uhr war in den Anfangsjahren mehrmals zum Ausdunsten und Abdichten beim Händler; soweit ich mich entsinne, ist sie sogar einmal an die damalige Werksvertretung eingeschickt worden.

Normalerweise würde ich so ein Mistding ja entsorgen, den Hersteller verfluchen und nie wieder bei ihm kaufen, denn ich habe keine Lust, vor jedem Händewaschen die Uhr abzulegen. Dummerweise liebe ich die Uhr, weil sie die schönste ist, die ich je hatte. Und deshalb möchte ich Ihnen Gelegenheit geben, zu zeigen, dass Skagen bei einer Top-Firma gelandet ist, die gut zu ihren Kunden ist. 😉

Beste Grüße

Ulf Froitzheim
Journalist und Fan des Skagen-Designs (nicht der Skagen-Qualität!!)

Eigentlich eine Steilvorlage für ein gewitztes Konter, oder? So einen Kunden (Fan) kriegt ein Profi doch leicht wieder so auf die Schiene, dass er vom Service schwärmt – selbst dann, wenn sich herausstellt, dass die Garantie aus einem anderen Grund für ihn nicht gilt. Aber dies schreibt der real existierende Fossil-Service der Firma Fesco:

Sehr geehrter Herr Froitzheim,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Unsere Garantie bezieht sich auf das Uhrwerk, Ziffernblatt und Zeiger, sollten diese Teile Verarbeitungsfehler oder Materialdefekte aufweisen.

Keine Antwort auf meine Fragen.

Bitte beachten Sie, dass die lebenslange Garantie, welche im Jahr 2010 eingeführt wurde, nur mit einem gültigen Kaufnachweis in Anspruch genommen werden kann.

Also: Garantie leider erst nach dem Kaufdatum eingeführt. Könnte man hinschreiben. Dazu müsste man aber des Lesens mächtig sein. Was „lebenslang“ heißt, erklären sie aber nicht.

Die aussenliegenden Teile einer Uhr sind nicht im Garantieumfang enthalten.

Danach hatte ich auch nicht gefragt. Die Uhr hat ja, wie die meisten HAUs (HerrenArmbandUhren) ein innenliegendes Uhrwerk, und auch die Zeiger liegen nicht im Freien.

Wir möchten Ihnen anbieten, Ihre Uhr mit allen vorhandenen Unterlagen…

Was wollen die mit meinem Aktenregal und/oder meiner Schreibtischunterlage? Reicht nicht Kassenbon und/oder Garantiekarte?

…an unser Servicezentrum einzusenden:

FESCO GmbH
Service
DHL Logistiklager /LDB
Werkstr. 17
77815 Bühl

Ausgerechnet DHL. 😉

Bitte legen Sie der Sendung eine Kopie des Kaufnachweises, …

Der ist demnach eine nicht vorhandene Unterlage. Interessant.

… Ihre vollständigen Adressdaten, sowie eine kurze Fehlerbeschreibung bei. Gerne können Sie hierzu das Formular aus dem Anhang verwenden. Wir empfehlen, das Paket versichert mit Trackingnummer einzusenden, da so der Standort jederzeit nachvollzogen werden kann.

Jaiiin! (Siehe DHL!) Und wer verpackt schon eine Armbanduhr in einem PAKET? Geht’s noch?

Bitte haben Sie Verständnis, dass die Uhr von unseren Uhrmachern überprüft werden muss, bevor eine genaue Aussage zum Schaden und der weiteren Vorgehensweise getroffen werden kann.

Ich hätte kein Verständnis, wenn die Uhr von jemand anderem als einem Uhrmacher geprüft würde.

Bei einer kostenpflichtigen Reparatur, erstellen wir einen Kostenvoranschlag.

Leute, nehmt, noch, mal, Deutschunterricht, damit, ihr, wisst, wo, ein, Komma, hingehört. Und lernt logisch zu denken! Wenn die Kostenpflicht schon eingetreten ist, nützt der Voranschlag nichts mehr. Es ist aber zum Glück andersrum:

Für den Fall, dass Sie keine Reparatur wünschen, senden wir die Uhr kostenfrei zurück.

So gehört sich das auch.

Im Garantiefall werden wir die Reparatur natürlich kostenfrei für Sie ausführen.

Muss man das erwähnen?

Wir bitten Sie, bei Ihrer Antwort stets den gesamten Schriftverkehr sowie den Betreff in der E-Mail zu belassen. Vielen Dank für Ihre Mithilfe.
Für weitere Fragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Freundliche Grüße,
Ihr Fossil Kundenservice

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6 Antworten auf „Fossil verstümpert Kundendialog“

  1. Oh oh, mir schwant Böses! Muss meine Fossil-Uhr zur Reparatur zurückschicken und es ist jetzt schon unglaublich kompliziert und die Aussagen des Service-Händlers mehr als dürftig und unvollständig. Wenn ich da den Artikel lese, bestätigt das meinen schlechten Eindruck und meine Sorge, ob ich die Uhr jemals wieder, gar in nutzbarem Zustand, zurückbekomme. Allerdings eine Frage vorab: wenn dort steht, dass es portofrei ist, bedeutet es nur, dass die es zurückschicken ohne das Porto zu berechnen, richtig? D.h. ich muss Porto zzgl. Versicherung selbst übernehmen, obwohl der Hersteller mit seiner unzureichenden Qualität verantwortlich ist, ja?

  2. Flache, dezente Uhren gibt’s leider nicht viele. Deshalb wollte ich es doch noch mal mit einer Skagen probieren. Aber nein: Man kann inzwischen nicht mehr beliebige Armbänder verwenden. Einmal Leder, immer Leder, einmal Milanaise, immer Milanaise – und zwar original. Die Bänder werden verschraubt, den guten alten Steg haben sie abgeschafft. Deshalb trage ich jetzt eine Boccia – ab Werk mit Lederband, nun mit dem Milanaiseband meiner kaputten Uralt-Skagen.

  3. Na wie sonst denn als Paket sollte man eine Uhr verschicken? Briefe und Einschreiben und Päckchen und Flaschenpost sind schließlich nicht versichert und nicht nachverfolgbar.

    1. Darum der Link zu meiner DHL-Litanei. Du kannst es versichern, aber es nützt Dir nix. Du zahlst nur mehr Porto. Eine kaputte (!) Uhr klaut ja kein Postler, jedenfalls nicht, wenn der Empfänger nicht Audemars Piquet, Rolex oder so heißt. Entscheidend ist der Rückweg – und wie die das da handhaben, darauf hast Du keinen Einfluss. Zum Einsenden einer normalen Uhr reicht ein Polsterumschlag.

      1. Nun, der Postler weiß ja erst, daß die Uhr kaputt ist, wenn er sie bereits in der Hand hat – dann wird er sie kaum zurücklegen und den Umschlag wieder zu kleben.

        Natürlich kann er es sich auch anhand des Empfängers denken, aber wer vernünftig nachdenkt, klaut nicht.

        Ich sag ja „nicht nachverfolgbar“. Klar mag es schwierig sein, einen Ersatz von der Versicherung zu bekommen – bei einer kaputten Uhr schon 2x nicht, die hat ja zunächst mal gar keinen Gebrauchswert mehr – aber es kann ja auch beim Empfänger was weg kommen.

        Es ist schon mit Büchern ein Problem. Bei einer Uhr würde ich das Risiko nicht eingehen.

        Ganz davon abgesehen, daß ein Brief eine Uhr auch nur wenig polstert und eine Reparatur schwer wird, wenn die Uhr auch noch einen Transportschaden hat…

        Machen kannst Du es natürlich trotzem, wie Du willst, aber daß Fossil ein Paket vorschlägt, weil sie sich nicht mit Leuten rumstreiten wollen, die einen Brief geschickt haben wollen und von denen nichts angekommen ist, kann ich nachvollziehen. Ist für die ja nur unnötiger Ärger.

        Und Waren über 40 € schicke ich deshalb versichert, einfach, weil ich dann keinen Ärger habe, wenn das nicht ankommt (ist schon passiert). auch, wenn ich als Privatmann für Transportverluste nicht hafte. Muß ja nicht mit DHL sein, allerdings sind die meisten anderen noch schlechter.

      2. Auch Diebe sind nicht blöd. Die greifen die Ware ab, wenn sie aus der Reparatur zurückkommt. So bescheuert, für an die Firma adressierte Ware (= Retouren) etwas zu riskieren, sind nur die allerallerdämlichsten Anfänger.

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