Wer einen empfindlichen Magen hat, sollte tunlichst alle Websites meiden, auf denen Hinzgida & Kunzgida ihren Senf zu Berichten und Kommentaren rund um das Thema Flüchtlinge hinterlassen dürfen. Die Gefahr, dass ihm sonst die letzte bis vorletzte Mahlzeit hochkommt, liegt bei ziemlich genau 100 Prozent. Auf jeden Fremden, der sich erfrecht, unser Land zu überfluten, kommen nämlich gefühlte drei Netzbewohner, die nur darauf gewartet haben, ihn in jene Mördergrube zu stürzen, die bei ihnen da klafft, wo bei normalen Menschen das Herz sitzt.
Leider hofieren einige Medienschaffende – nicht nur die notorischen Koppisten Eva Herman und Udo Ulfkotte – diese empathiefreie, egoistische Meute, die längst die Lufthoheit über den Kommentarspalten erobert hat. Auch als liberal geltende Publizisten wie Alexander Kissler, Stefan Aust (!) oder Roland Tichy – ja, DER Roland Tichy, den ich vor Jahr und Tag für seine geniale WiWo-Titelgeschichte „Ausländer rein!“ bewunderte – solche Intellektuellen also biedern sich inzwischen bei den Pegidisten und Petryjüngern an. Sie richten ihre Worthaubitzen auf Angela Merkel, statt ihr mit konstruktiver Kritik zu helfen. (Mein Gott, was bin ich froh, dass wir in dieser Situation nicht von einem Testosteron-gedopten Besserwisser regiert werden!)
Liberal zu sein heißt aber nun mal nicht, die eigenen Freiheiten über die Freiheit anderer Menschen zu stellen.
Echte Liberale, egal, ob wirtschafts- oder linksliberal, stehen ein für die Freiheit des Individuums. Sie sind gegen Unterdrückung in jeder Form, gegen Zäune, gegen Verbote, gegen alles, das Menschen darin hindert, ihre Talente zu entfalten. Den Linksliberalen mag es mehr um die geistige Freiheit gehen und den Wirtschaftsliberalen mehr darum, dass niemand an geschäftlichem oder beruflichem Erfolg gehindert wird. Letzten Endes bedeutet Liberalitas aber immer, jedem die Chance zu geben, sich zu beweisen. Es bedeutet, Konkurrenz zu akzeptieren, auch auf die Gefahr hin, diese Konkurrenz könnte ihm überlegen sein. Denn der Beste möge gewinnen, nicht derjenige, dessen Ahnen es zufällig an ein schönes Fleckchen Erde verschlagen hat, welches der Erbe oder Nachfahre nun betrachtet, als gehöre es auf alle Tage ihm ganz allein.
Deshalb ist es für uns Medienmacher wichtig, Haltung zu zeigen gegenüber den selbstmitleidigen Misanthropen, die unsere Kommentarspalten fluten, als würden sie von Deutschlandhassern dafür bezahlt. Wir müssen aufstehen gegen jene rechtsgläubigen Volksgenossen, die jetzt – da sie endlich mal Anlass hätten, auf harmlose Weise stolz zu sein auf ihr -schland, weil die Armen und Geschundenen zu UNS wollen und hächst ungarn woanders hin – alles dafür tun, dass man sich als Deutscher wieder schämen muss vor der Welt. Wir müssen jede Zahl, die verantwortungslose Politiker uns zwecks Verbreitung hinwerfen, prüfen und es deutlich sagen, wenn dieser Zahl überhaupt keine Empirie zugrunde liegt. Wir müssen innehalten, wenn Politiker uns die Vokabel „Flüchtlingskrise“ vorbeten. In einer Krise befinden sich die Flüchtlinge, nicht wir. Das zu verkennen, ist verdammt egozentrisch, arrogant und unfair.
Und wir müssen all die Schlaumenschen in die Schranken verweisen, die Andere als sozialromantisch duselnde „Gutmenschen“ verachten. Sie selbst sind in Wahrheit armselige Besitzstandswahrer, die ihre eigenen Verdienste (Sg. „das“) maßlos überschätzen, weil sie sie mit ihrem pekuniären Verdienst (Sg. tantum, „der“) verwechseln. Haben sie Angst um ihren gut dotierten Job, ist es um ihr Selbstbewusstsein wohl nicht allzu gut bestellt. Ihnen ist aber womöglich klar, dass die Arbeit, die sie leisten, nicht immer das Geld wert ist, das sie abgreifen. Wer gern die anderen für sich schuften lässt, wer sich immer die bequemsten Aufgaben heraussucht, wer sich ganz allgemein auf Kosten anderer durchs Leben wurschtelt und jedes Risiko auf Kollegen und Mitmenschen abwälzt, macht sich zurecht Gedanken, ob er damit noch durchkommt, wenn es mehr Konkurrenz für ihn gibt. Nur ist das sein persönliches Problem, nicht das der Konkurrenten.
Viele Schlaumenschen haben auch Angst um ihren Besitz. Nicht dass sie ernsthaft fürchteten, von Flüchtlingen und Immigranten aus ihrem Häusle vertrieben zu werden. Sie haben Schiss, ihr Haus oder Grundstück könnte an Marktwert verlieren, wenn in der Nachbarschaft einige muslimische Familien einziehen, deren Teint schlimmstenfalls so dunkel ist wie ihr eigener nach der Rückkehr aus Antalya oder Hurghada (hmm, liegen diese Reiseziele nicht im islamisierten Morgenland?). Sie vergessen, dass der Wert ihrer Immobilie nur zu einem bescheidenen Teil davon abhängt, was sie selbst in ihrer Eigenschaft als Bauherrn oder Käufer investiert haben. Wertzuwachs bei Häusern ist fast immer ein Windfall Profit für die Eigentümer: Ohne eigenes Zutun werden sie auf dem Papier reicher, sobald eine U-Bahn gebaut wird oder ein Bürgermeister Unternehmen anlockt, die gutbezahlte Jobs schaffen und damit die Nachfrage nach Wohnraum ankurbeln. Die Schlaumenschen werden leider genau dann sehr einfallsreich, wenn die Marktkräfte einmal preisdämpfend wirken. Wären sie liberal, würden sie das Auf und Ab als Preis der Freiheit hinnehmen – also als Preis dafür, nicht im Sozialismus leben zu müssen, in dem nicht der Markt die Preise macht, sondern ein Politbüro.
Wie gewonnen, so zerronnen, sagte der Volksmund.
Heute sagt er: Gewinnen ist unser Recht, Zerrinnen wird nicht akzeptiert.
Halten wir fest: Unser Wohlstand ist eine Zeiterscheinung, und sofern die demografische Entwicklung nicht durch Zuwanderung korrigiert wird, verlieren all die hübschen Häusle früher oder später auch so an Wert – ja sogar noch dramatischer als durch jede denkbare Wohnwertminderung infolge unerwünschter Ausländer in der Nachbarschaft. Es wird dann keine Käufer oder Mieter mehr geben, die den Wohnraum brauchen, nur noch uns Rentner der Zukunft, deren Kinder sich abgesetzt haben werden in Länder, in denen nicht jeder Erwerbstätige zwei Rentner füttern muss.
Klar, in den Onlineforen spinnen genug Gestalten herum, die sich immer noch einbilden, mit ein paar Mutterkreuzträgerinnen als Gebärmaschinen könnten sie als postmoderne Frankensteine einen gesunden toitschen Volkskörper aus der Retorte zaubern, der sich selbst genug ist. Zum Glück werden diese nationalistischen, reaktionären Einfaltspinsel so etwas nicht schaffen, ebenso wenig wie ihre Pendants und Vorbilder in Frankreich, Italien und Ungarn.
Wir sollten ihnen aber nicht mehr die Plattformen für ihre Agitation bieten, bei der sie ein historisch falsches Deutschlandbild verbreiten – das fiktive Bild einer homogenen Nation. Unser Land lebt von seiner Heterogenität, die durch viele Einwanderungswellen entstanden ist. Wer im Zusammenhang mit Flüchtlingen Neukölln oder Marxloh ins Spiel bringt, die wahrlich nicht durch Flüchtlinge zu dem geworden sind, was sie sind, und die dortigen Zustände verallgemeinert, verzerrt das Bild des Phänomens Migration. Erfolgreiche internationale Konzerne pflegen nicht von ungefähr eine „Diversity Culture“: Sie wissen, dass sie davon profitieren, wenn sie Mitarbeitern aus anderen Kulturkreisen eine Chance geben. Auch Silicon Valley wäre nicht, was es ist, ohne seine Inder, Deutschen, Franzosen, ja ohne die United Nations of Experts in seinen Belegschaften.
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Diversity spielt vor allem in den hochqualifizierten Jobs eine Rolle.
Seltsam finde ich auch, dass einerseits Diversity gepriesen wird und andererseits Unternehmensberatungen dafür sorgen, dass alle möglichen Prozesse gleichgeschaltet werden, sodass Mitarbeiter ihre individuellen Kompetenzen gar nicht mehr in ihre Arbeit einbringen können (ein berüchtigtes Beispiel ist die interne Umorganisation der Agentur für Arbeit).
Nachdem sich die Wirtschaft die erwünschten Fachkräfte und Dumpinglöhner rausgepickt hat, dürfen sich jedenfalls der Staat und die Ärzte um die weniger schönen Folgen der bunten Vielfalt kümmern:
http://www.20min.ch/schweiz/news/story/-Maedchen-werden-auch-in-der-Schweiz-beschnitten–26478598