Kassandra war keine Stute, sondern eine Frau. Die Bewohner Trojas waren Menschen, nicht Pferde. So viel zum Begriff „Trojaner“ als Synonym für Schad-Software, die sich – wie einst der geschenkte Gaul – durch harmloses Äußeres das Vertrauen der zu Schädigenden erschleicht. Das Handelsblatt setzt noch eins drauf und bringt es fertig, das Thema mit Würmern zu illustrieren. Die sind allerdings eine ganz andere Klasse von „Malware“. (Der Begriff hat übrigens nichts mit Picasso, Rembrandt oder Bob Ross zu tun.)
Ein Klassiker im Wirtschaftsjournalismus ist auch die Verwechslung von Kilometern und Stundenkilometern Billions und Billionen Megawatt und Megawattstunden. Sechs Gigawattstunden (siehe unten) schafft ein einziges handelsübliches Windrad in 2000 Volllast-Stunden, bei Offshore-Standorten also in einem halben Jahr. Es geht ergo um 6000 Megawatt alias sechs Gigawatt Peak-Leistung. Damit schafft man bei 4000 Volllast-Stunden 24 Terawattstunden pro Jahr. Die wiederum entsprechen dem Stromverbrauch aller Deutschen für Internet und Fernsehen zusammen. Der Autor bringt das in Zusammenhang mit dem Stromverbrauch der Rechenzentren von Google, den er gar nicht kennt, diese Daten sind ja, wie er schreibt, geheim. Allerdings wird besagter Windpark, dessen Anschubfinanzierung zu drei Achteln aus der Google-Kasse kommt, durchschnittlich 2,7 Gigawatt ins Netz einspeisen.
Bei allem Respekt: Das ist die Produktion von Neckarwestheim und Ohu II zusammen. Dass Google soviel Strom benötigt, halte ich dann doch für leicht übertrieben. Google selbst spricht denn auch nur davon, dass die Bevölkerung von New Jersey mit umweltfreundlicher Elektrizität versorgt werden soll. (Und verwendet die korrekte Maßeinheit für Leistung: MW.)
Die korrekte Maßeinheit zu verwenden, scheint, oberflächlich betrachtet, im nächsten Beispiel zwar auch dem Handelsblatt zu gelingen; da leistet ein Wasserkraftwerk „1,8 Mio. Gigawatt“. Dies soll sogar nur ein Teil der für die Panzerproduktion im Zweiten Weltkrieg benötigten Elektrizität gewesen sein. Aber halt: Das wären ja 1800 Terawatt oder 1,8 Petawatt. Oder ein Vielfaches des Gesamtenergiebedarfs der Menschheit. Wie breit müsste der Fluss sein, wie groß die Turbinen, durch die sich die Sintfluten ergössen? 1,8 Mio. Gigawattstunden pro Jahr wären da schon überschaubarer, aber selbst das wäre noch absurd Giga-ntisch, nämlich grob geschätzt die Größenordnung des Stromkonsums der Menschheit.
Nun muss ein für IT zuständiger Redakteur nicht firm sein in Elektrizität. Hoffen wir, dass wenigstens bei Bits&Bytes die Hausnummern stimmen. Ob die Datenbestände von „Web-Unternehmen“ nur noch in Petabyte gemessen werden (also in Tausenden von Festplatten), hängt wohl davon ab, ob man auch deutlich kleinere Branchenangehörige als Google noch als „Web-Unternehmen“ bezeichnen will.
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