Thomas Steinfeld schreibt oft kluge Sachen – als Feuilletonredakteur bei der SZ. Heute entdeckte ich seinen Namen leider im „Mobilen Leben“, unter einem Luxus-Auto-Test-Text. Es handelt sich hierbei um eine nur mühsam durch Seitenhiebe kaschierte Eloge auf einen 2,2-Tonnen-Daimler des Typs ML350 Bluetec 4Matic. Kollege Steinfeld durfte den mit Sonderausstattung (!) im Listenwert von 34.337,45 Euro (mehr als der Basispreis eines Mercedes C180) ausgestatteten Testwagen durch den verschneiten Appenin steuern – und war so beeindruckt, wie es wohl jeder von uns gewesen wäre, der aufgrund seiner Einkommensklasse sonst ein bescheideneres Automobil lenkt. Das Pech ist, dass der Leser dies merkt.
Wenn eine Zeitung über eine 93.000-Euro-Kutsche überhaupt berichtet, gibt es eigentlich nur zwei Optionen: Entweder man gibt sich ernsthaft sozialkritisch und geißelt konsequent das Dinosaurierhafte solcher Gefährte. Oder man entscheidet sich dafür, jenen paar Lesern, die in der Lage sind, sich so ein Teil als Dienstwagen zu leisten, Nutzwertjournalismus zu bieten – also zu schauen, ob der Käufer für den Gegenwert eines Einfamilienhauses in der Rhön eine halbwegs angemessene Gegenleistung erhält. Auf Letzteres versteht sich etwa Georg Kacher, ein Kollege, dem man abnimmt, dass er notfalls auch selbst ein Fahrwerk konstruieren und eigenhändig zusammenschweißen würde.
Dass ein Kulturredakteur den naturwissenschaftlich-technischen Anforderungen einer solchen Aufgabe nicht gewachsen ist, merkt man spätestens an folgendem Satz:
„Am Ende kommt dann, trotz Harnstoffsäure, ein Verbrauch von neun bis zehn Litern auf hundert Kilometer heraus.“
Liebe Leute, der Zusatz AdBlue dient nicht der Senkung des Spritverbrauchs, sondern der Schadstoffreduktion. Er ist auch keine „Harnstoffsäure“, nicht einmal Harnsäure, sondern (wie in der Wikipedia nachzulesen) „eine wasserklare, synthetisch hergestellte 32,5-prozentige Lösung von hochreinem Harnstoff in demineralisiertem Wasser, die zur Nachbehandlung von Abgasen in einem SCR-Katalysator benutzt wird“. Zu allem Überfluss steht dann unter dem Artikel noch ein Kästchen „Daten & Preise“, dem zu entnehmen ist, dass die Offroad-Kombilimousine nicht neun bis zehn, sondern sogar 10,9 Liter soff.
Keine Ahnung, womit sich der Feuilletonist verdient hat, ein solches Automobil „testen“ zu dürfen. Jedenfalls warte ich jetzt gespannt auf die Rache des Mobilen Lebens – die große Literaturrezension durch einen Autoredakteur.
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