Supercomputer auf dem Weg zum Teraflops-Rechner
Eine verwirrende Vielfalt technischer Konzepte behindert noch den Markt für Höchstleistungsrechner. Aber eines ist bereits sicher: Massiv-parallele Systeme machen bald den traditionellen Supercomputern den Garaus. Deren paar CPUs haben kaum eine Chance gegen den Ansturm Tausender von Prozessoren.
Vielleicht hätte Seymour Cray aufhören sollen, als es am schönsten war. Alle Welt verehrte ihn, der in den siebziger Jahren den angesehenen EDV-Konzern Control Data verlassen hatte, um auf eigene Faust den schnellsten Computer der Welt zu bauen, als Genie. Er war das Aushängeschild der amerikanischen High-Tech-Industrie. Als die cleveren jungen Burschen aus dem Silicon Valley mit ihren PCs immer öfter Schlagzeilen machten, war Cray längst eine Institution. Der Rechnerkonstrukteur hatte seinen Namen zum Markenartikel für mathematische Höchstleistung gemacht: Wenn die Cray-1 eine Rechenaufgabe nicht lösen konnte, dann schaffte das kein Computer. Für diese Hardwarekategorie gab es deshalb auch nur einen angemessenen Namen: „Supercomputer“.
Heute steht Seymour Cray mit dem Rücken zur Wand. Weil er seine technischen Visionen gegen den Geschäftsführer seiner Firma Cray Research Inc., John Rollwagen, nicht durchsetzen konnte, verließ er grollend das Untemehmen und gründete die Cray Computer Corporation. Vier Jahre lang mühte sich der Erfinder des Supercomputers, sein ehrgeiziges Projekt „Cray-3“ fertigzustellen, dann kam kurz vor Weihnachten 1991 das endgültige Aus: Sein einziger Kunde, die Fusionsenergie-Abteilung des kalifornischen Lawrence Livermore National Laboratory, stornierte den 30-Millionen-Dollar-Auftrag und kauft demnächst bei Rollwagen.
Am Schicksal des armen Seymour Cray zeigt sich exemplarisch, vor welcher dramatischen Trendwende die informationstechnische Industrie steht. „Die klassischen Supercomputer nähern sich ihrer technologischen Sättigungsgrenze“, bestätigt Jürgen Middel, Leiter des Bereichs Technisches Rechnen der IBM Deutschland GmbH in Stuttgart, „die Zykluszeit liegt bei den neuesten Maschinen bei zweieinhalb Nanosekunden, viel weiter runter geht’s wegen der Signallaufzeit nicht.“ Die superschnellen Vektorrechner à la Cray, so scheint es, rasen mit Vollgas in die Sackgasse.