In Memoriam Dieter Eckbauer

Ecki1996Habe ich ihm je gesagt, wieviel ich von ihm hielt? Nein, natürlich nicht. Einem Dieter Eckbauer seine Wertschätzung zu zeigen, war allenfalls indirekt möglich, sei es durch die Art mit ihm zu reden, sei es indem man Dritten gegenüber durchblicken ließ, dass man seine Meinung teilte oder von ihm einiges gelernt hatte (was diese Dritten ihm dann vielleicht steckten). Ihm im direkten Gespräch platterdings Recht zu geben, hätte bedeutet, sich selbst zum Jasager zu degradieren, der sich anbiedern will und in Wahrheit nichts verstanden hat. Wer den Respekt des Meisters wollte, musste ihm geradezu widersprechen – was nicht ganz einfach war, wenn man mit ihm kompatibel war. Wer mit ihm nicht kompatibel war, hatte es allerdings noch viel schwerer mit ihm. Aber er war auch nie ein Mensch, der es anderen leicht machen wollte.

Lob über Bande, Anerkennung auf Umwegen: So war Dieter Eckbauer, mein Chef von 1984 bis 1989. War er nicht zufrieden, konnte er es direkt sagen, auch brutal direkt. Fand er meine Arbeit gut, erfuhr ich das bestenfalls von anderen. Eher merkte ich es daran, dass er mir Freiräume und Freiheiten gab, mich an längerer Leine führte, bestimmte Aufgaben mir anvertraute. Die Dosis an Motivationspillen, die man bei ihm ergattern konnte, reichte nie, um davon übermütig zu werden. Von daher hätte er, der Wiener Berliner oder Berliner Wiener mit Wohnsitz München, eigentlich Schwabe sein müssen: Nicht geschimpft ist im Ländle bekanntlich genug gelobt. Das maximale Kompliment entfuhr ihm in den frühen Neunzigern, als ich längst als Freiberufler tätig war. Eckbauer echauffierte sich furchtbar vor Kollegen über mich, weil ich es gewagt hatte, für das Konkurrenzblatt Computerzeitung zu schreiben, deren Chefredaktion ein anderer Ex-CW-Redakteur übernommen hatte, Gerhard Schmid. Exklusivität erwartete Eckbauer nur von Autoren, die ihm nicht egal waren. Auch Schmids Wechsel zur CZ – einem bis dahin unbedeutenden Blatt, dessen Verleger ausgerechnet Eckbauers früheren Vize Manfred Hasenbeck als Berater engagiert hatte – empfand er als Affront.

Heute kann und will ich Dieter Eckbauer loben. Das ist fair, weil er es verdient hat, und zugleich unfair, denn er kann sich nicht mehr dagegen wehren. „In Memoriam Dieter Eckbauer“ weiterlesen

Wirtschaftsmagazine, Publikumspresse, Special Interest, Corporate Publishing…

…sind seit langem mein Metier und bleiben es auch in crossmedialen Zeiten. Um Hörfunk und Fernsehen sollen sich die kümmern, die das besser können. Meine monatliche Kolumne mit Lästereien über den technischen Fortschritt ist zwar mittlerweile von den gedruckten Seiten der Technology Review ins Web umgezogen, und ich blogge schon ziemlich lange hier in meiner Wortpresse. Trotz unbestreitbarer Vorzüge des Online-Journalismus schlägt mein Herz immer noch für die Printkultur – und da wiederum reizt mich nicht das hektische (aus Freiberuflersicht auch brotarme) Nachrichtengeschäft. Ich bin & bleibe Spezialist für Zeitschriften, denn ich bin von dieser Mediengattung überzeugt und glaube, dass gut gemachte Magazine — also ein Bruchteil des heutigen Angebots — durchaus eine Zukunft haben, wenn…

…ja, wenn es ihnen denn gelingt, sich aus ihrer übermäßigen Abhängigkeit von Werbeeinnahmen zu lösen und der jeweilige Verlag nicht die Media-Agentin, sondern die Leserin als Königin Kundin betrachtet. (Gender-Disclaimer: Jede Schreibweise steht jeweils für sämtliche realen und gefühlten Geschlechter, und werx meint, Lesx und Kundx sei derdiedas einzig Wahrx, mag es sich vor seinem geistigen Ohr halt so anhören.)

Und worüber schreibe ich? Im Prinzip über alles, was interessant ist, aber es sollte schon irgendetwas mit meinem Motto Das Beste aus Wirtschaft und Technik zu tun haben.

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His Steveness

Die Erfolgsmarke Apple lebt von ihrem Gründer Steve Jobs: Der Berufsjugendliche agiert professionell als oberster Imagebringer – und wickelt seine Kunden auf der ganzen Welt geschickt um den Finger

Text: Ulf J. Froitzheim

Disclaimer: Bevor es andere tun, erklärt sich der Autor vorsorglich selbst für befangen. Er gehört zur wachsenden Schar derer, die sich nachsagen lassen müssen, sie seien willenlose Fashion Victims, eingelullt von einem egomanen Lifestyle-Guru, der für Allerweltsdigitalien von ergreifender Schlichtheit Mondpreise verlange. Der Verfasser ist jener obskuren Sekte anheim gefallen, die den kalifornischen Milliardär Steven Paul Jobs als Messias des Computerzeitalters verehrt. Jenem harten Kern von Apple-Jüngern, die Web-auf, Web-ab ihren Technopapst Steve I. preisen und jederzeit bereit wären, ihm 199 oder 299 Euro hinzublättern, gäbe er ihnen Gelegenheit, sich die Haare mit einem MP3-Songs dudelnden iFön zu trocknen.

Capital 23/2007

Der 52-Jährige ist eben nicht einfach Gründer und Topmanager eines ziemlich erfolgreichen Hardware-Herstellers; das ist Michael Dell auch. Ein Wunderkind der IT-Pionierzeit, das dank seiner Chuzpe zu Ruhm und Reichtum gelangte? Da denkt jeder zuerst an Microsoft-Gründer Bill Gates.

Nein, diesen beiden Kollegen, die in Texas und Washington weit größere Firmen aufgebaut haben als er, hat der Kalifornier Jobs etwas voraus, das diese sich für kein Geld der Welt kaufen können: das Talent, vor Tausenden von Zuschauern rund um ein ein neues Produkt eine stundenlange Bühnenshow abzuziehen, die von Journalisten und ehrfürchtigen Fans sofort webweit kommentiert und diskutiert wird. Als hätten The Police, Fleetwood Mac und die Stones eine gemeinsame Platte aufgenommen.

Mit dieser Masche eroberte Jobs den Markt für MP3-Player; so bewies er auch, dass Internet-Nutzer bereit sind, für Musik-Downloads Geld zu bezahlen. Und die Ankündigung des tastenlosen Telefons iPhone im Januar war der PR-Coup des Jahres 2007, wenn nicht des Jahrzehnts. Der deutsche Marktforscher Oliver Janssen, bei TNS Infratest für die IT-Branche zuständig, ist sich sicher, dass das Gerät auch in Europa einschlägt, wo es zum Weihnachtsgeschäft erhältlich sein soll – in Deutschland ab dem 9. November bei T-Mobile.

Jobs Wesen des exzentrischen Magiers, der sich vornehmlich auf sich selbst verlässt, wurzelt in frühester Jugend. Von den leiblichen Eltern im Stich gelassen, entwickelt er Durchsetzungsfähigkeit und technische Brillanz zur rechten Zeit am richtigen Ort für eine spätere Karriere in der IT-Industrie. Gleichzeitig prägt ihn die Kultur der Hippiebewegung mit ihren selbsternannten Gurus und Massenhappenings.

Seine Kindheit verbringt er in jenem Obstanbaugebiet südlich von San Francisco, das während seiner Schulzeit zum Silicon Valley mutiert. Dass er dort aufwächst und nicht in Green Bay (Wisconsin), einem Provinznest am Michigansee, verdankt er der Hartherzigkeit seines Großvaters mütterlicherseits, des deutschstämmigen Nerzzüchters Arthur Schieble. Aus Angst vor seiner Ungnade floh dessen Tochter Joanne-Carole, die unstandesgemäß schwanger war von ihrem syrischen Freund Abdulfattah Jandali, ins ferne San Francisco, um in der anonymen Großstadt Adoptiveltern zu suchen. Als Steve am 24. Februar 1955 zur Welt kommt, nehmen ihn Clara und Paul Jobs an Kindesstatt an: sie Buchhalterin, er Schlosser.

Die Jobs tun alles für den kleinen Steve. Sie ziehen wegen einer besseren Schule für den begabten, eigenwilligen Jungen nach Palo Alto und sparen eisern, damit er wie versprochen aufs College gehen kann. Der 17-Jährige darf sich sogar aussuchen wo – und entscheidet sich für das teure Reed College in Portland/Oregon. Über seine Zeit damals spricht Jobs zum ersten Mal als 50-Jähriger (halb-)öffentlich in einer Festrede in Stanford. Über den jungen Steve, der ein schlechtes Gewissen hat und das Studium nach dem ersten Semester abbricht, aber in Portland bleibt. Der keine eigene Bude hat, bei Kumpels auf dem Fußboden pennt und sich ein Taschengeld verdient, indem er Colaflaschen auf der Straße aufliest und das Pfand kassiert. Der Sonntags zu Fuß sieben Meilen zum Hare-Krishna-Tempel pilgert, weil es da gratis ein gutes Mittagessen gibt.

1974 kehrt er ins Valley zurück. Ein Schulfreund vermittelt ihm einen Job beim Videospiele-Hersteller Atari. Der technisch interessierte Jobs, dem der Adoptivvater einst eine eigene Werkbank in der Garage überlassen hatte, schlittert in die anarchische Elektronikbastlerszene hinein. Mit seinem kongenialen Partner Steve Wozniak gründete er 1976 das Unternehmen Apple.

Der Ruf von Steve Jobs als begnadeter Charismatiker, hat viel mit seinen zwei, drei Auftritten pro Jahr zu tun, die er minutiös inszeniert und tagelang probt wie ein professioneller Showmaster

Von seinen leiblichen Eltern und seiner zwei Jahre jüngeren Schwester Mona erfährt Jobs erst, als er erwachsen ist. Nach wilden Jahren, in denen er angeblich eine Affäre mit der Protestsängerin Joan Baez hatte und auf Sinnsuche nach Indien pilgerte, ist die eigene Firma an der Börse und er selbst Vater einer nichtehelichen Tochter namens Lisa. Nach ihr benennt er 1982 einen PC, als Teenager wohnt sie mehrere Jahre bei ihm. Auch zu seiner Schwester Mona Simpson, die als Schriftstellerin erfolgreich ist, entwickelt Jobs ein freundschaftlich-vertrautes Verhältnis. Nichts deutet indes darauf hin, dass ihm je gelungen wäre, die Distanz zu seiner Mutter abzubauen.

Auch die Nähe zu seinem Publikum, den Kunden, ist im Grunde nur der öffentlich sichtbare Teil seiner Managementphilosophie. Jobs denkt in Audiences, ihm geht es um den Applaus des Publikums – das eröffnet Handlungsoptionen: Ein Fanclub verzeiht seinem Star Fehler. Bislang kann sich Jobs darauf verlassen, dass sich treue Anhänger selbstlos für ihn die Bresche werfen, sobald im Publikum Unmut aufkommt. Als Apple kürzlich per Software-Update alle iPhones unbrauchbar machte, deren Käufer die werksseitige Bindung an AT&T als einzig zulässigen US-Netzbetreiber geknackt hatten, sahen sich die betroffenen Handy-Hacker in Internet-Foren plötzlich einer Flut hämischer „Selber-schuld“-Kommentare ausgesetzt. Ihre Argumentation, sie hätten als Verbraucher das Recht, sich ihr Handynetz auszusuchen, konterten die Jobs-Verteidiger mit derart barschen Hinweisen auf die Garantiebestimmungen, wie sie sich Apple selbst nie hätte erlauben können.

Dass er sich heute wie auf dem Olymp der Informationsindustrie fühlen kann, muss Jobs wie eine hart verdiente Genugtuung erscheinen. Im Gegensatz zu seinen Rivalen Gates und Dell, die nie einen Karriereknick erdulden mussten, kennt er das Gefühl, in den Himmel gehoben zu werden und kurz darauf am Boden zu liegen. Ende der Siebziger war er bereits ein Großer gewesen, schließlich war er es, der 1976 den ersten ernst zu nehmenden PC in die Welt setzte, den Prototyp des Apple I im Holzgehäuse. Doch den unternehmerischen Herausforderungen, die vor ihm lagen, war er nicht gewachsen. Während IBM mit dem ersten PC die Vorherrschaft des Apple II angriff, leistete Jobs sich den Luxus, gleich zwei Modelle parallel zu entwickeln – die „Lisa“ für 10 000 Dollar und den Macintosh, der nur 2 000 Dollar kosten sollte. Software, die auf dem einen Modell lief, funktionierte nicht auf dem anderen. Als die Lisa Anfang 1983 auf den Markt kam, engagierte Jobs in seiner Not den Pepsicola-Chef John Sculley als Apple-Geschäftsführer. Es war eine Mesalliance, die nur zwei Jahre später in einem Machtkampf gipfeln sollte, den der „bezaubernde Tyrann“ – wie ihn sein Ex-Adlatus Andy Hertzfeld nennt – schließlich verlor. Jobs verließ Apple.

Jeder Versuch, „His Steveness“ heute auf seine erste Karriere anzusprechen, ist sinnlos. Einem Reporter, der wissen wollte, welchen Rat der gereifte Unternehmer Jobs dem 25-jährigen Steve geben würde, erwiderte er rüde: „…sich nicht mit dummen Interviews abzugeben! Ich habe keine Zeit für diesen philosophischen Bullshit.“ Die zweite Chance verdankt er seinen Nachfolgern an der Spitze von Apple. In den zwölf Jahren seiner Abwesenheit brachten Sculley, Mike Spindler und Gil Amelio das Unternehmen Apple nicht etwa nach vorn, sondern manövrierten es konsequent in die Bedeutungslosigkeit – während Microsoft mit dem Macintosh-Klon Windows florierte.
Schließlich holte Amelio den Gründer wieder zurück. Wenige Monate und einen Rekord-Quartalsverlust später war Amelio seinen Job los – und Jobs wurde CEO, für ein symbolisches Gehalt von einem Dollar. Das konnte er sich leisten: Sein unternehmerisches Hobby, die digitale Trickfilm-Werkstatt Pixar („Findet Nemo“, „Ratatouille“; inzwischen an Disney verkauft), war unterdessen zu einem Trendsetter Hollywoods avanciert.

Seit Jobs Wiedereinstieg geht es mit Apple stetig bergauf, doch 2004 scheint dafür das private Glück jäh zu enden: Ärzte entdecken bei dem Familienvater, der mit seiner Frau Laurene drei Kinder hat, damals im Alter zwischen 6 und 13 Jahren, einen Tumor an der Bauchspeicheldrüse. Jobs denkt, er habe noch drei bis sechs Monate zu leben, bevor sich die Geschwulst als gutartig herausstellt. Das unfreiwillige Nachdenken über den Tod, der ihm so nah war, verändert den oft bis zur Unerträglichkeit unduldsamen Unternehmer. „Die Erinnerung an den Gedanken, bald tot zu sein, ist das Wichtigste, was mir hilft, die großen Entscheidungen im Leben zu treffen“, sagt Jobs ein Jahr später bei seiner Rede in Stanford, „alle Erwartungen, aller Stolz, alle Furcht vor Ärger und Versagen fallen weg im Angesicht des Todes. Es bleibt nur, was wirklich wichtig ist.“

Produktneuheiten verkündet niemand anders als der Apple-Chef selbst: auf der Bühne, stets in Bluejeans und meist in schwarzem Rolli – mittels eines im Haus eigens für ihn entwickelten Präsentationsprogramms namens Keynote.

Die Firma gehört eindeutig dazu. Heute, zehn Jahre nach dem Comeback des Gründers, ist Apple stärker denn je auf seinen Boss fixiert – womöglich zu stark. Die internationale Markenberatung Interbrand rühmt das Unternehmen zwar als „Großmeister der Bedürfnisweckung“, doch ihre Zahlen zum Markenwert sind ernüchternd. Gerade einmal elf Milliarden Dollar ist der Name Apple wert, nur ein Elftel des Börsenwerts. Beim Autokonzern BMW dagegen trägt die Marke mehr als 60 Prozent zur Bewertung an der Börse bei, selbst Microsoft schafft es auf über 20 Prozent. Der Vergleich lässt nur einen Schluss zu: Der Charismatiker hat es nicht geschafft, seine Reputation als Innovator und Vordenker der IT-Industrie auf seine Firma zu übertragen.

Das sind allerdings Sorgen von morgen – Sorgen, die jemand wie der von einem Bilanzierungsskandal gebeutelte IT-Unternehmer Dell wohl gern hätte. Im Gegensatz zu ihm hat dem Popstar Jobs das Publikum bis dato noch alles verziehen; eine Affäre um Kungeleien bei Aktienoptionen interessiert seine Jünger längst nicht so wie die Frage, wann das iPhone endlich in einer UMTS-Version fürs schnelle Websurfen auf den Markt kommt. „Apple ist immer noch ein Sympathieträger“, sagt Florian Becker, Werbepsychologe an der Universität München, „die Marke gilt als jung, wild und dynamisch.“ Eine Attitüde, die Jobs clever inszeniert mit Hilfe der Werbeagentur TBWA. Doch das muss man erst einmal wissen: Der übliche klein gedruckte Hinweis auf den Reklamepartner fehlt in den Inseraten. Der Chef hat ein Monopol auf die Außendarstellung der Marke und wird fuchsteufelswild, wenn sich Mitarbeiter oder Dienstleister öffentlich äußern, die nicht dafür bezahlt werden. In Cupertino gibt es sogar einen eigenen Namen für das ganzheitliche Gesamtkunstwerk der Selbstdarstellung: „Media Arts.“ Es wäre allerdings wertlos, wenn nicht die Entwicklung der Produkte nach dem gleichen Prinzip gemanagt würde. „Bei vielen Firmen in unserer Branche ist Design nur ein Anhängsel, das am Schluss alles nett verpacken soll“, sagt Georg Albrecht, als Pressesprecher der Münchner Niederlassung einziger deutscher Mitarbeiter mit Lizenz zum Tönen, „bei uns spricht das Design schon von Anfang bei den Produkten mit.“

Wahrscheinlich hat es das sogar letzte Wort – meint zumindest Psychologe Becker. „Wenn bei Apple eine Entscheidung zu treffen ist zwischen technischem Nutzen und Design, entscheiden sie sich im Zweifelsfall fürs Design.“ Tatsächlich gilt Chefdesigner Jonathan Ive – seit 1992 dabei – als Jobs’ engster Mitarbeiter. Das Gespann liebt minimalistische Gestaltung, wie sie konsequent im iPod umgesetzt ist oder in der Multimedia-Fernbedienung der iMacs und Macbooks: Zwei Drucktasten (Menü, Start/Stop) und ein Kranz mit vier Symbolen (vor, zurück, leiser, lauter) genügen, um alle Funktionen auf den Monitor zu holen. Den Erfolg zeigt – neben dem iPod, mit dem Apple bereits jetzt die Gesamtstückzahl von Sonys Walkmen übertroffen hat – die Verkaufskurve der Mac-Computer. Im dritten Fiskalquartal (April bis Juni) lag die Marke bei fast 1,8 Millionen Stück – Rekord. Besonders gefragt sind die Notebooks, ihr Absatz stieg um mehr als 40 Prozent.

Nur einmal in jüngster Zeit hat der Apple-Gründer, Sanierer und CEO gepatzt. Nämlich als er den Amerikanern 599 Dollar plus Sales Tax für das iPhone abverlangte. Zunächst schien der stolze Preis sogar in Ordnung. Tausende kampierten in der Nacht vor dem Verkaufsstart vor den Apple Stores. Dass an diesem Preis viel verdient war, wusste zwar jeder – die Aktionäre sollten es ja auch wissen. Wie üppig die Bruttomarge war, verriet indes ein Analyst der Marktforschungsfirma iSuppli: Er taxierte den Wert der Bauteile auf 266 Dollar. Zwei Monate nach dem Start sah sich Jobs gezwungen, den Preis um 200 Dollar zu senken.

Was dann geschah, wäre bei jeder anderen Firma unvorstellbar: Empörte Blogger starteten im Internet eine Petition an Apple, den Käufern, die 599 Dollar bezahlt hatten, die Differenz auszuzahlen, die beiden landesweiten Tageszeitungen „USA Today“ und „Wall Street Journal“ stellten den Popstar des IT-Gewerbes in Interviews zur Rede. Er hat die Kurve nochmal genommen. Die Frühkäufer besänftigte Jobs mit Einkaufsgutscheinen oder Song-Downloads, dafür kauften jetzt diejenigen, die auf die Preissenkung gewartet hatten. Triumphierend gab der Media Artist kurz darauf die erste Absatz-Million bekannt. The show goes on.

 

 

Die Chefin ihres Chefs

In nur zehn Jahren machte die Russin Natalya Kaspersky aus der Softwarebude ihres Ex-Mannes Jewgenij eine respektierte Weltfirma. Jetzt drängt sie sogar an die Börse.

Text und Fotos: Ulf J. Froitzheim

Für einen kurzen Moment wirkt sie fast mädchenhaft schüchtern, die schmale blonde Frau, die mit einer schlichten Sechs-Saiten-Gitarre die Bühne des riesigen Partyzelts am Ufer der Moskwa betreten hat. Der leicht unsichere Zug um ihren Mund und der rehscheue Blick kontrastieren heftig mit ihrem extrovertierten Gewand: Natalya Kaspersky trägt ein langes schwarzrotgrünes, folkloristisch angehauchtes Kleid, dazu ein schwarzes Kopftuch und viel Goldglitzergehänge. Wie sie da so im Rampenlicht steht, das gnadenlos ihre bemerkenswerte Büroblässe betont, und mit ihren blauen Augen einen imaginären Punkt in der Mitte des 800-köpfigen Publikums fixiert, sieht sie nicht aus wie die Generaldirektorin eines weltweit tätigen Unternehmens, die gerade vor ihre internationale Belegschaft und Manager befreundeter Firmen tritt.

Lampenfieber will allerdings gar nicht passen zu der 41-Jährigen. Die ärmliche Enge ihres früheren Lebens hätte sie niemals überwunden, wenn sie zur Furchtsamkeit neigte. Die Chefin der Moskauer Sicherheitssoftware-Firma Laboratorija Kasperskogo hat eine ausdrucksvolle Altstimme und trifft den richtigen Ton nicht nur, wenn sie redet. Kaspersky holt also Luft, konzentriert sich und intoniert mit wohldosierter Inbrunst den Filmsong „Machnatij Schmel“ (Мохнатый шмель), die Ballade einer tragisch endenden Liebe. Ergriffen lauschen die Gäste der singenden Unternehmerin. Hier kommt die tiefgründige russische Seele zu ihrem Recht. Der Applaus ist nicht nur höflich, sondern richtig herzlich.

Die große Sause am Sandstrand von Serebrjanij Bor (zu deutsch: „Silberwäldchen“), einem Naherholungsgebiet bei Moskau, ist für die Gastgeberin mehr Arbeit denn Vergnügen. Natalya hier, Natalya da, Natalya im Gespräch mit Moskauer Mitarbeitern, Natalya umringt von deutschen, amerikanischen, chinesischen Managern – und immer wieder mit Mikrofon auf der Bühne. Es ist der zehnte Geburtstag von „Kaspersky Lab“ (KL), wie sich das von ihr gegründete Unternehmen abseits der Russischen Föderation nennt. „Die Chefin ihres Chefs“ weiterlesen

Gelegenheit macht Ziele

Goethe irrte: Zum Golde drängt nicht alles, manchmal ist es genau umgekehrt. Der Reichtum kam zu Klaus Tschira, ohne dass der danach gegiert hätte. Der SAP-Mitbegründer ist nicht auf Ziele fixiert – doch findet er immer wieder Dinge, nach denen zu streben ihm sehr viel wert ist. Wir haben ihn besucht.

 

Klaus Tschira, geboren am 7. Dezember 1940 in Freiburg, hat an der Technischen Hochschule Karlsruhe Physik studiert. Von 1966 bis März 1972 arbeitete er als Systemberater in der Mannheimer Niederlassung der IBM.

Tschira war Gründungsgesellschafter der Firma Systemanalyse und Programmentwicklung GbR, aus der 1976 die SAP Systeme Anwendungen und Programme GmbH und 1988 die SAP AG hervorging. Bei der SAP gehörte er bis 1998 dem Vorstand an, seitdem sitzt er im Aufsichtsrat, aus dem er sich dieses Jahr zurückziehen wird.

1995 errichtete er eine nach ihm benannte Stiftung, die sich für die Förderung der Naturwissenschaften, der Informatik und der Mathematik sowie für die Vermittlung naturwissenschaftlicher Themen in der Öffentlichkeit einsetzt.

Er war gerade 31 Jahre alt geworden, da musste Klaus Tschira seine Frau Gerda überzeugen, dass er sehr wohl noch alle seine fünf Sinne beisammen hatte. Der junge Physiker aus dem Badischen hatte beim Weltkonzern IBM einen Job, um den sich andere reißen würden – anständig bezahlt und, wie es schien, zukunftssicher. Und den wollte er jetzt aufgeben, wollte beruflich ein neues Leben beginnen, wollte sich gemeinsam mit ein paar Kollegen, die ebenfalls keinerlei unternehmerische Erfahrung mitbrachten, selbstständig machen. Seine Angetraute konnte es nicht fassen: „Ja spinnscht jetzt du?“ „Gelegenheit macht Ziele“ weiterlesen