Neues aus der Redaktion: Lieblos, witzlos, sinnlos

„Fast 1.000 angemeldete Journalisten, aber wenig Interaktion.“

„963 registrierte Journalisten, aber nur zwei ausgeschriebene Aufträge. Ein belebter Basar funktioniert anders. Gut vier Wochen nach dem Start kommt es noch selten zu Geschäften zwischen den Medienschaffenden auf dem neuen Presseportal, das die Deutsche Post Anfang März ins Leben gerufen hat.“

Zwischenbilanz auf journalist.de

Leider kann man nicht online mitverfolgen, ob – und wenn ja: wieviele – Fertigartikel verkauft wurden. Auf jeden Fall fühle ich mich in meiner Skepsis und Kritik bestätigt. Bis dato ist dieredaktion.de eine Contentschleuder, die vor allem vom Springer-Verlag „Neues aus der Redaktion: Lieblos, witzlos, sinnlos“ weiterlesen

Gut-, besser-, Summa-cum-Laudtenberg

Schon erstaunlich, wie viele Menschen ungeniert die akademische Arbeitsweise von Dr. cut. paste. Karl-Theodor usw. Freiherr von und zu Guttenberg bagatellisieren! Beispielhaft sei (neben Franz Josef Wagner) der tagesthemen-Kommentator Sigmund Gottlieb genannt, der vermutlich von Plagiatoren in seinem bisherigen Berufsleben verschont geblieben ist.

Des Ministers publizistische Verteidigungstruppe vertritt also den interessanten Standpunkt, für den Beschuldigten gelte die Unschuldsvermutung. Dieser Terminus stammt aus dem Strafrecht und spielt normalerweise nur bei Offizialdelikten eine Rolle: Erst wenn der Strafrichter jemanden abgeurteilt hat, darf diese Person als Täter bezeichnet werden. Niemand hat das Recht, sie „vorzuverurteilen“.

Nun fallen Urheberrechtsverstöße wie im Fall Guttenberg lediglich in die Kategorie der Antragsdelikte. Nach meinem Kenntnisstand fordern die Urheber, die sich unfreiwillig als Co-Autoren der unrühmlichen Dissertation wiederfanden, lediglich eine Entschuldigung, aber niemand hat bisher Anzeige erstattet.

Folgt man der Logik der Verharmloser, dürfte Guttenberg niemals als Plagiator bezeichnet werden, weil sich ohne Kläger kein Richter seiner annehmen wird.

Halten wir also noch einmal fest:

1. KT ist höchstpersönlich für den Inhalt der Doktorarbeit verantwortlich, da niemand anders sie für ihn hätte schreiben dürfen.

2. Es befinden sich reichlich Textpassagen darin, die nachweislich, vollkommen unzweifelhaft von anderen Autoren stammen.

3. Gerade die Einleitung einer wissenschaftlichen Arbeit kann per definitionem nicht schon absätzeweise in der Zeitung gestanden haben, schon gar nicht unter dem Namen einer anderen, real existierenden Person. Sinn und Zweck der Einleitung ist ja zu begründen, was den Neuheits- und Originalitätswert des Werks ausmacht. Bereits von anderen gedachte und sogar dokumentierte Gedanken als Dissertation einzureichen ist das Gleiche, als würde man eine Erfindung Dritter, die längst Stand der Technik ist, zum Patent anmelden.

3. Der Autor der Dissertation, von dem ich zu Gunsten (!) Guttenbergs annehme, dass er es selbst war, hat sogar Passagen leicht redigiert, was bei einem Zitat, dem nur aufgrund eines Versehens die Gänsefüßchen fehlen, überhaupt nicht möglich wäre. Ein Zitat ist immer wörtlich, man kann höchstens etwas Nebensächliches weglassen und durch … ersetzen, aber nie eigene Worte einfügen, und sei es nur ein „womöglich“.

4. Der Minister wurde zwar auf nicht mehr ganz so frischer Tat – indes mit rauchendem Colt – ertappt, aber er hat Geschmack bewiesen. Sein Ragout vom Axolotl ist nur mit besten Zutaten, äh, Zitaten gewürzt, denn sonst wäre am Ende der Küchenschlacht kein Summa cum laude dabei herausgesprungen, sondern angesichts der Zahl der ohne ihr Wissen involvierten Textköche ein verdorbener akademischer Brei.

DJV: Cato Conen ist dafür und dagegen

Update vom 25.10.2010:

Habe den dicken Stapel aus einigen wenigen neuen und sehr vielen alten Verbandstagsanträgen durchgearbeitet, die die Brandenburger Replikatorentruppe vorgelegt hat, und muss einen Irrtum korrigieren: Diese Filibuster wollen gar keinen anderen DJV, denn dann hätten ihre Anträge ja eine erkennbare Linie, ein klares Ziel. Davon kann keine Rede sein. Der dadaistische Haufen bunter Papiere zwischen zwei Aktendeckeln, genannt Tagungsordner, ist eine Fundgrube voller Widersprüche. Der Meistertitel im Sichselbstdementieren geht nach Potsdam, dem virtuellen Sitz des DJV-LV-BB.

Um sich mal die Proportionen dieser Altpapierschlacht klarzumachen:

125 Anträge kommen aus Brandenburg, 61 aus allen anderen Gremien (Landesverbänden, Fachausschüssen, Bundesvorstand) zusammen. Bravo! Eine klare Zweidrittelmehrheit, leider nur quantitativ.

Fast 100 Anträge aus Brandenburg haben den DJV selbst zum Gegenstand, „DJV: Cato Conen ist dafür und dagegen“ weiterlesen

DJV: Verbandstag gegEssen?

Ein Gerücht läuft um in Journalistenkreisen: Der diesjährige DJV-Bundesverbandstag – geplant für den 8. bis 10. November in Essen – könnte ins Wasser fallen. Sollte es so kommen, stecken wieder einmal die prozessfreudigen Kollegen eines Vereins dahinter, der seltsamerweise immer noch „DJV Landesverband Brandenburg“ heißt, obwohl die maßgeblichen Leute weder im Verdacht stehen, die Mark ernsthaft als ihren Lebensmittelpunkt zu betrachten, noch irgendwelche  Sympathien für den großen Rest des DJV zu hegen.

Dem Vernehmen nach haben sie eine Klage eingereicht, die in die Satzung des Bundes-DJV etwas hineininterpretieren soll, was so nie gemeint war und auch nirgendwo ausdrücklich steht – nämlich dass die Mitglieder einiger (nicht nur kleiner) Landesverbände gleichzeitig unmittelbare und womöglich sogar stimmberechtigte Mitglieder des Bundesverbandes seien. Eingeladen nach Essen sind nur, same procedure as very every year, die 260 Delegierten der Landesverbände (darunter halt auch ich) plus einige „geborene“ Delegierte, aber zum Beispiel nicht die rund 8000 Mitglieder des Landesverbandes NRW. Quasi stellvertretend für diese vermeintlich Entrechteten kämpfen nun die Rächer aus Postdam „DJV: Verbandstag gegEssen?“ weiterlesen

Gemobbt in Berlin

Manchmal ist mir mein Beruf regelrecht peinlich. Journalist zu sein, ohne sich dafür zu genieren, war schon erheblich leichter als anno 2010. Im Moment schäme ich mich noch mehr dafür, einer Untergliederung desselben Verbandes anzugehören wie ein paar Tausend teils leidensfähige, teils sadistische Kolleginnen und Kollegen in der und rund um die Bundeshauptstadt, nämlich des DJV. Diverse Aktive der Landesverbände in Berlin und Brandenburg geben sich allergrößte Mühe, den Deutschen Journalistenverband von innen heraus zu zerstören, weil die Dinge nicht in ihrem Sinne laufen. Gegen das, was im Verband derzeit gruppendynamisch abgeht, sind die Aufführungen auf der CSU-FDP-Gurkentruppen-Wildsau-Bühne der reinste Kuschelrock. Leider erlauben das Vereinsrecht und die Satzung des Bundes-DJV nicht, ganze Landesverbände wegen permanent verbandsschädigenden Verhaltens ihrer Vorstände auszuschließen. Wir haben das 2004 in einer Art Notwehrsituation versucht – was heute passiert, hat eine lange Vorgeschichte – aber Juristen sagten "geht nicht". Nicht einmal mit einer Dreiviertelmehrheit. (Es klappt allerdings auch nicht, in so einem Fall einen Alternativ-Verein hochzuziehen. Nicht in Berlin.)

Nur ein Gutes hat die Show, die unsere neupreußischen Mitmenschen da abziehen: Sie zeigt, dass die Print- und Fernsehjournalisten endgültig im Internet-Zeitalter angekommen sind. Die Kombattanten liefern sich Flamewars nach allen Regeln dieser schmutzigen Kunst. „Gemobbt in Berlin“ weiterlesen