Rechengenies

„Nach ersten Berechnungen der Tester von IHS Technology kostet das 16 GB-Modell des iPhone 6 Plus den Konsumenten 100 Dollar mehr als das iPhone 5s.“

Also schrieb Axel P. vom Handelsblatt. Rechnen wir doch mal nach: Das 6 Plus mit 16 GB kostet vertragsfrei 749 Dollar, das 5S 549 Dollar. Sind das nicht 200 Dollar? Hätte Axel P. vielleicht selbst nachrechnen sollen, statt zu zitieren?

Äh, nein. IHS Technology hat korrekt gerechnet (war ja auch nicht allzu schwer). Das 6 Plus ist 100 Dollar teurer als das kleine Sechser.

Hierauf bezieht sich denn auch der Rest des Absatzes im Handelsblatt:

„Aber die Mehrkosten für Apple belaufen sich nur auf 15,50 Dollar. IHS hat das Smartphone zerlegt und sich die Marktpreise der Einzelteile angeschaut.“

(Nur damit mich keiner missversteht: Ein Journalist kann natürlich mal Fehler machen. Aber es muss jemanden geben, der so einen Unsinn bemerkt, bevor der Content online geht. Wegen so etwas hat unsereiner dann wieder Argumentationsnöte gegenüber Lesern, für die „Qualitätszeitung“ längst ein Spottwort ist.)

SZ vergurkt Mindestlohn-Aufmacher

„Mindestlohn treibt die Preise“, konstatierte die Süddeutsche in ihrem gestrigen Aufmacher. Taxifahren könnte im Bundesdurchschnitt um 25 Prozent teurer werden, in manchen Regionen auch um mehr als die Hälfte, schreibt das Blatt unter Berufung auf den Taxler-Präsidenten Michael Müller.

Dann rechnen wir doch mal nach, ob das plausibel ist. Die Fahrer werden derzeit nicht pro Stunde bezahlt, sondern nach Umsatz. Umgerechnet soll der Stundenlohn bei 6 bis 6,50 Euro liegen. Nehmen wir die Mitte, also 6,25 Euro, so steht eine Erhöhung der Lohnkosten um 36 Prozent an. Damit 36 Prozent mehr Lohn die Dienstleistung um 25 Prozent verteuern, müsste der Lohnkostenanteil bei etwa 70 Prozent liegen. Aber ist das so?

Schauen wir mal in einem Taxi-Branchenportal nach den Laufleistungen der Fahrzeuge. „SZ vergurkt Mindestlohn-Aufmacher“ weiterlesen

SZ: 90 ist das neue 22,5

„Willibald Sauerländer wurde in einem Schaltjahr geboren, am 29. Februar 1924. Er wird nun also zugleich 90 Jahre alt als auch 22,5 Jahre jung.“

Kia Vahland, Süddeutsche Zeitung, 28.2.2014

Ähem, gehe ich recht in der Annahme, dass Sie eigentlich schreiben wollten, Sauerländer sei noch so jung, dass er noch nicht einmal seinen 23. Geburtstag feiern konnte?

Wieviele Eier ist eine Bild-Zeitung wert?

Kleines Recherche-Abfallprodukt: Die Fernsehgebühr ist heute fünfmal so hoch wie 1960. Damals bezahlte man sieben Mark im Monat – nur für ARD und regionalen Hörfunk.

Wäre alles heute fünfmal so teuer wie vor 53 Jahren, müssten wir heute folgendes bezahlen:

für eine Bildzeitung 26 Cent (und nicht 70)

für einen Liter Sprit  1,53 € (passt)

für ein Ei 54 Cent (und nicht 22)

für ein Päckchen Butter 4,15 Euro (und nicht 1,19)

für ein Kilo Schweinefleisch 16,57 € (und nicht 5,98)

für eine Wiesnmaß 4,86 Euro (und nicht 9,90)

für ein geräumiges Oberklasse-Auto wie den Opel Kapitän 26.203 Euro.

Wenden wir indes nicht den ARD-ZDF-Faktor an, sondern den BILD-Index, sind die Zahlen noch viel erschreckender. Die Bildzeitung kostete 10 Pfennig. Die TV-Gebühr lag also bei 70 Bildzeitungen. Wäre das heute noch so, betrüge sie 49 Euro im Monat. Weitere Kosten:

Liter Sprit 4,19 € (5,98 Bildzeitungen)

Ei 1,47 € (2,1 Bildzeitungen)

Päckchen Butter 11,38 € (16,25 Bildzeitungen)

Kilo Schwein 45,36 € (64,8 Bildzeitungen)

Wiesnmaß 13,30 € (19 Bildzeitungen)

 

Sprachliche Blähungen und optisches Tuning

Was machen Journalisten, die kein Gefühl für die Größe einer Zahl haben? Sie bewerben sich beim Wirtschaftsteil. Wenn sie (oder Sie, liebe Leserin, lieber Leser) Pech haben, hat der Ressortleiter kein Gespür fürs Thema und lässt diese Schreiber gewähren. Für beide Kollegen ist Relevanz auf jeden Fall eine quantitative Dimension. Zahlen müssen möglichst groß sein. Dabei kommt dann oft eine „allein“-Formulierung heraus, die allein dazu da ist, einer Zahl das nötige Mindestgewicht zu verleihen. „Optisches Tuning“ nannte man diese Art von Wichtigtuerei beim Manta mit Heckspoiler und Rallyestreifen. Also meldete kürzlich die Süddeutsche:

„Auf Twitter gab es allein im zweiten Quartal dieses Jahres 263 Millionen Einträge zu Fernsehsendungen.“

Nun hat das Jahr allein im zweiten Quartal 91 Tage. An einem gewöhnlichen Tag muss man also von den 263 Millionen Einträgen allein 90 Einundneunzigstel abziehen, um sich der Größenordnung der Menschen anzunähern, die diese Einträge verfassen. „Sprachliche Blähungen und optisches Tuning“ weiterlesen