Again What Learned!

Den folgenden Text habe ich schon vor ziemlich langer Zeit geschrieben und dann unveröffentlicht ruhen lassen, damit sich niemand unmittelbar auf den Schlips getreten fühlt. Er scheint mir aber zeitlos zu sein, wenn ich höre, was Kollegen so über das heute „Content Marketing“ genannte Schreibgewerbe erzählen. Die Überschrift habe ich Bayern3 geklaut, es ist Loddamaddäus-English.

Tatsächlich kann man alt werden wie eine Schindmähre und 30 Jahre Berufserfahrung haben, man lernt immer noch dazu. Ich werde jetzt keine Namen nennen, aber es wäre schön, wenn ich dazu beitragen könnte, dass wir Kommunikationsprofis etwas professioneller miteinander kommunizieren. Meine Lektion fällt unter die Rubrik „Corporate Publishing“ (CP) „Content Marketing“ (CM), sprich: Kundenmagazine. Und sie lässt sich auf den kurzen Nenner bringen: Von manchen Aufträgen lässt man besser die Finger.

Alarmzeichen 1:

Die Wertschöpfungskette ist zu lang oder verzweigt sich auf zu viele Subunternehmer.

Konzern A beauftragt CM-Tochter von Medienkonzern B, die wiederum die Chefredaktion dem freiberuflich tätigen Kollegen C, die Bildbeschaffung der ebenfalls freien Kollegin D und die Gestaltung dem Grafikstudio E überträgt, während die freien Autoren F bis K die A-internen und -externen Zitatgeber befragen und die freien Fotografen L bis P die Bilder schießen. F bis P müssen nun konstruktiv, effizient und pragmatisch mit C, D und E zusammenarbeiten, was dadurch erschwert wird, dass alle oder fast alle parallel Aufträge anderer Kunden auf dem Tisch haben, und jeder nur seine Deadlines kennt, aber keinen Überblick über den gesamten Produktionsprozess hat, so dass er auch nicht erkennen kann, ob der Gesamtplan realistisch ist.

Alarmzeichen 2:

Der Chefredakteur ist Einzelkämpfer.

Auf der Website von Kollege C findet sich kein Lebenslauf, dem zu entnehmen wäre, dass er einige Jahre als Chefredakteur, Chef vom Dienst oder zumindest Ressortleiter Mitverantwortung für redaktionelle Prozesse getragen und (freie oder angestellte) Mitarbeiter geführt hat. Leuchtet zugleich Alarmlampe 1, „Again What Learned!“ weiterlesen

Das hat das Revier nicht verdient

Wenn man wie ich an der Ruhr aufgewachsen ist, blättert man natürlich ein Heftchen durch, das den Titel „RUHR.2012“ trägt und einem aus der Zeitung entgegenpurzelt – auch wenn der Untertitel „Das Magazin der Metropole Ruhr“ das Schlimmste ahnen lässt. Ein Fluss kann ja keine Metropole sein.

Leider erfüllt der Inhalt die Ahnung. Betulich-zeilenschinderische Texte, die mit „Content“ noch liebevoll umschrieben sind, stehen neben platten Werbeparolen und Bildunterschriften aus der Mottenkiste. Pars pro toto möchte ich nur dieses Beispiel herausgreifen, das aus einem Beitrag über einen „Nostalgie-Trip mit dem Roten Brummer“ stammt – eine „Schienenkreuzfahrt“ mit dem Uerdinger Schienenbus, den ich aus meiner Kindheit kenne:

aus "Ruhr.2012"
Neu? Wo ist hier etwas neu?

Eine solche Bildzeile hat das Foto des Essener Fotografen Ralph Lueger wirklich nicht verdient. „Das hat das Revier nicht verdient“ weiterlesen