Soziologisch als 3. Fremdsprache

Sie interessieren sich für Medien und Journalismus, sonst wäre Sie wahrscheinlich nicht hier. Dann wissen Sie bestimmt auch, was Öffentlichkeit ist. Oder vielleicht doch nicht? Ich habe es als Student gelernt, mir aber nie komplett und korrekt merken können – bis ich das Zitat jetzt per Gugelbuchsuch wiederfand.

Bei mir war vor allem hängengeblieben, dass Soziologisch eine Fremdsprache ist, die sehr viele Worte macht, so viele, dass man am Ende selbst einen scheinbar klaren deutschen Begriff nicht mehr begreift. Noch skurriler wird die Sache dadurch, dass bei der Übersetzung des Wortes „Öffentlichkeit“ ins Soziologische ein Text entsteht, der für den Laien wie normales Deutsch aussieht, nur eben in einer schier dadaistischen Aneinanderreihung von Wörtern ohne den Unterhaltungswert einer bundespostalischen Versackbeutelung. Oder kapieren Sie etwa beim ersten Lesen, was der frühere Verwaltungsbeamte Luhmann aus Oerlinghausen mir damals sagen wollte?

„Ins Soziologische übersetzt, besagt Öffentlichkeit soviel wie Neutralisierung von Rollenanforderungen, die aus engeren Teilsystemen der Gesellschaft stammen, damit auch eine Lockerung, wenn nicht Aufhebung der Selbstbindungen, die der Einzelne durch Verhalten in engeren Systemen eingegangen ist.“

 

Niklas Luhmann, Politische Planung: Aufsätze zur Soziologie von Politik und Verwaltung, Westdeutscher Verlag 1971

Dann, so fürchte ich, Sie sind Soziologe oder Soziologin aus Leidenschaft.

Nein, ich möchte jetzt in Ihrem Kommentar nicht lesen, wie „Öffentlichkeitsarbeit“ in der soziologischen Übersetzung heißt. Ich verabscheue Leute, die sich Mühe geben, unverständlich zu schreiben. Und wie Sie am Beispiel des Niklas Luhmann sehen, trage ich das dem Urheber selbst dann noch nach, wenn er längst nicht mehr unter uns weilt. „Soziologisch als 3. Fremdsprache“ weiterlesen