Fuzzy Logic – Viel Geduld und Spucke

Die erste Euphorie über Fuzzy Logic und Neuronale Netze ist verflogen. Jetzt müssen sich die neuen Softwarekonzepte am Markt bewähren. Allerdings läuft der Transfer von der Theorie in die Praxis nur schleppend an. Dabei lassen sich mit den unkonventionellen Technologien trefflich Kosten senken.

Top Business 6/1994

Seine Waschmaschinen sind Rainer Stammingers ganzer Stolz. An erster Stelle steht bei ihm der „Öko-Lavamat 6953“, dessen neuartige elektronische Regelung seit vorigem Jahr neue Maßstäbe für geringen Wasser- und Stromverbrauch setzt. Inzwischen kann Stamminger, Entwicklungschef für Waschautomaten und Geschirrspüler bei der AEG Hausgeräte AG in Nürnberg, schon auf 40 Modellvarianten der umweltfreundlichen Generation verweisen. Die Jahresproduktion liegt bei stattlichen 70.000 Stück.

Damit ist die AEG deutscher Vorreiter beim Einsatz der Fuzzy Logic, einer jener „intelligenten“ Softwaretechniken, die seit Anfang der 90er Jahre das traditionelle Weltbild der Informatiker in Frage stellen. Im Gegensatz zur messerscharfen Präzision normaler Computer folgt die „unscharfe“ Logik einem pragmatischen Prinzip der Biologie – nämlich gerade soviel Genauigkeit zu verlangen, wie für ein akzeptables Ergebnis erforderlich ist. „Fuzzy Logic – Viel Geduld und Spucke“ weiterlesen

Lernfähige Software: Raffiniert simpel

Mit Programmen, die ihre Regeln selbst finden, knüpft die Industrie intelligente Netze.

Wenn im kommenden Februar die Raumfähre Columbia dröhnend vom Kennedy Space Center in Florida abhebt, beginnen nicht nur für die beiden deutschen Astronauten an Bord ein paar lehrreiche Tage. Im Weltraumlabor Spacelab, das diesmal die Ladebucht des Shuttle füllt, bekommt auch ein kleiner Rotex-Roboter eine Lektion erteilt. Das Unterrichtsfach heißt „Zugreifen in der Schwerelosigkeit“‚ – schon für den ungleich flexibleren Menschen eine äußerst gewöhnungsbedürftige Sache.

WirtschaftsWoche 41/1992

Rotex funktioniert anders als andere Roboter: Er wird nicht mit den üblichen digitalen Befehlssätzen programmiert, sondern trainiert die kniffligen Griffe nach freischwebenden Bauklötzen selbst mit Hilfe eines künstlichen neuronalen Netzes – einer raffiniert simplen Software, die – dem Lernmechanismus des menschlichen Gehirns nachempfunden – auf dem Prinzip
von Versuch und Irrtum aufgebaut ist. Der Weltraumausflug dient vor allem als Test, wie weit Rotex ist. Sein Schöpfer, Professor Gerhard Hirzinger, Co·Direktor des Instituts für Robotik und Systemdynamik bei der Deutschen Forschungsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen, verfolgt durchaus bodennahe Ziele. „Lernfähige Software: Raffiniert simpel“ weiterlesen

Künstliche Intelligenz: Demontage der Mystiker

Top Business 3/1992

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Die Diskussion um die Künstliche Intelligenz (KI) – ein Reizthema der 80er Jahre – belebt sich neu. Von ihrem hohen Anspruch, Computern das Denken beizubringen, müssen die Hardliner der KI allerdings vorerst Abschied nehmen.

Juristen kann der Guru nicht ausstehen. Mit ihrem spitzfindigen Argumenten, die sie am liebsten in die Form von Gesetzen gießen, behindern die Advokaten seiner Ansicht nach bloß den wissenschaftlichen Fortschritt.

So poltert Marvin Minsky, prominentester Prophet der Künstlichen Intelligenz (KI), denn auch schonmal ungeniert los. „Vielleicht“, provozierte der Forscher vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) beispielsweise auf einem Softwarekongress in München, „sollten wir einfach alle Rechtsanwälte umbringen.“ „Künstliche Intelligenz: Demontage der Mystiker“ weiterlesen

Fuzzy + Neuro: Perfekte Symbiose

Dieser Text über das damalige Trendthema Fuzzy Logic erschien im ersten von drei highTech-Specials, die die WiWo im Vorlauf der Cebit 1992 publizierte.

INTELLIGENTE NETZE: Auftrieb für die unscharfe Logik

Selbstlemende Systeme mit neuartiger Software schließen eine Lücke in der Automatisierungstechnik.

WirtschaftsWoche 10/1992

Als der Neurophysiologe Hans Geiger am Münchner Max-Planck-Institut für Psychiatrie vor neun Jahren seine Doktorarbeit über das raffinierte Sehsystem der Katze schrieb, dachte er nicht einmal im Traum daran, daß er sich eines Tages beruflich mit Marmelade befassen würde. Genauer gesagt: mit den Problemen ihrer Hersteller. „Was die Lebensmittelindustrie jedes Jahr an Ausschuß wegschmeißt, ist einfach ungeheuerlich“, schimpft Geiger, der heute für die Kratzer Automatisierung GmbH in Unterschleißheim forscht. „Da gehen Millionenwerte verloren.“ Eine marginale Fehldosierung bei den Zutaten, ein kleiner Patzer bei der Temperaturführung, und schon landet eine ganze Charge Kirschkonfitüre, Brechbohnen oder Sahnejoghurt auf der Mülldeponie.

Der klebrige Brotaufstrich dient Geiger freilich nur als Exempel fürs Prinzip. Der Nahrungsmittelhersteller, in dessen Auftrag die Kratzer-Experten derzeit an einer ausschußmindernden Computerlösung arbeiten, will sich nicht in die Karten gucken lassen. Denn das neue Verfahren, das in diesem Jahr in verschiedenen Branchen auf seine industrielle Praxistauglichkeit überprüft wird, ist in doppelter Hinsicht unkonventionell: Zum einen kommt Fuzzy Logic zum Einsatz, die vor allem aus den neuen Anti-Verwackel-Kameras bekannte unscharfe Logik, zum anderen künstliche neuronale Netze, eine Art selbstlernende Software. „Fuzzy + Neuro: Perfekte Symbiose“ weiterlesen