Nur Gutes verdient den Namen Mondelēz?

Premiere: Heute kam die erste Presseinfo bei mir an, in deren Text der Buchstabe „ē“ vorkommt – ein e mit einem Makron drüber. Die deutsche Filiale der PR-Agentur Text 100 und ihr Auftraggeber Chep (Hersteller blauer Warenpaletten) scheinen zu denken, dass irgendein Journalist diese komische Schreibweise des neuen Namens von Kraft Foods in seine Texte übernimmt.

Leider finde ich die pi nicht online, dafür ist hier mein Senf dazu.

dpa auf den Pfaden der Viagra-Dealer

Newsaktuell ist, wie wir wissen, ein Ableger der Deutschen Presse-Agentur, der gegen gutes Geld der PR-Industrie zu Diensten ist.

Wer mitverfolgen möchte, welche Teile des Nachrichtencontents, den die Webportale der Verlage verbreiten, in Wirklichkeit umetikettierte PR sind, muss den Online Ticker Original-Text-Service* (ots) von Newsaktuell abonnieren.

Heute kam nun viagra ots eine PR-Meldung reingetickert, wie man sie bisher nur von V!4GR4- und C1AL!5-Spammern kannte: 

Umfrage enthüllt: Vorspiel, Intimrasur, Penislänge – was denkt SIE wirklich?

Auftraggeber der dpa-PR-Tochter war eine kanadische Firma namens AshleyMadison, die ein „Fremdgeh-Portal“ betreibt und mit dem Schwanzlängenvergleich für den „Seitensprung via iPhone“ wirbt. „dpa auf den Pfaden der Viagra-Dealer“ weiterlesen

Abgezockt mit PR-Brief und Tarifsiegel

Über den dpa-Ableger News aktuell segelt mir soeben eine Pressemitteilung ins Haus, die hoffentlich keine Redaktion verwurstet.

Verbreitet wurde der digitale Waschzettel im Auftrag einer von starken Schrumpftumsraten geprägten schwedischen Telefongesellschaft, die mir schon wiederholt unangenehm aufgefallen ist – nicht nur, weil ihren Werbeheinis keine sozialverträglichere Eselsbrücke zum Memorieren ihrer Call-by-call-Vorwahl eingefallen war als ein Unfallopfer, dem an einem Fuß sämtliche Zeh’n und am anderen Fuß zwei Zeh’n amputiert worden waren.

Diese Null-Zehen-drei-Zehen-Firma brüstet sich also nun damit, sie sei mit einem Tarifsiegel ausgezeichnet worden:

Bestnote „sehr gut“ für die 0 10 13
Tariftipp vergibt Tarifsiegel an die Sparvorwahl „Abgezockt mit PR-Brief und Tarifsiegel“ weiterlesen

PR-ominente Platzierung

Noch eine Fundsache aus meiner Tageszeitung (Sie wissen ja schon, welche das ist): Der Fastfood-Franchiser Subway soll McDonald’s überholt haben. Die sensationelle Nachricht ist eine prominente Platzierung wert, die „Bauchbinde“ auf Seite 1. Nur ist dieser Knaller ein journalistischer Luftballon erster Güte:

Erstens geht es nur um die Zahl der Filialen. Die sind aber viel kleiner als die von McDonald’s und machen nur einen Bruchteil von deren Umsatz. Das steht dann auch etwas kleinlaut im Text, aber an der Stelle ist es dann zu spät, sich die Lektüre des Luftballons noch zu ersparen.

Zweitens ist es gar keine Neuigkeit, dass Subway mehr Läden hat. Die Wirtschaftswoche wusste das schon 2009. „PR-ominente Platzierung“ weiterlesen

Soziologisch als 3. Fremdsprache

Sie interessieren sich für Medien und Journalismus, sonst wäre Sie wahrscheinlich nicht hier. Dann wissen Sie bestimmt auch, was Öffentlichkeit ist. Oder vielleicht doch nicht? Ich habe es als Student gelernt, mir aber nie komplett und korrekt merken können – bis ich das Zitat jetzt per Gugelbuchsuch wiederfand.

Bei mir war vor allem hängengeblieben, dass Soziologisch eine Fremdsprache ist, die sehr viele Worte macht, so viele, dass man am Ende selbst einen scheinbar klaren deutschen Begriff nicht mehr begreift. Noch skurriler wird die Sache dadurch, dass bei der Übersetzung des Wortes „Öffentlichkeit“ ins Soziologische ein Text entsteht, der für den Laien wie normales Deutsch aussieht, nur eben in einer schier dadaistischen Aneinanderreihung von Wörtern ohne den Unterhaltungswert einer bundespostalischen Versackbeutelung. Oder kapieren Sie etwa beim ersten Lesen, was der frühere Verwaltungsbeamte Luhmann aus Oerlinghausen mir damals sagen wollte?

„Ins Soziologische übersetzt, besagt Öffentlichkeit soviel wie Neutralisierung von Rollenanforderungen, die aus engeren Teilsystemen der Gesellschaft stammen, damit auch eine Lockerung, wenn nicht Aufhebung der Selbstbindungen, die der Einzelne durch Verhalten in engeren Systemen eingegangen ist.“

 

Niklas Luhmann, Politische Planung: Aufsätze zur Soziologie von Politik und Verwaltung, Westdeutscher Verlag 1971

Dann, so fürchte ich, Sie sind Soziologe oder Soziologin aus Leidenschaft.

Nein, ich möchte jetzt in Ihrem Kommentar nicht lesen, wie „Öffentlichkeitsarbeit“ in der soziologischen Übersetzung heißt. Ich verabscheue Leute, die sich Mühe geben, unverständlich zu schreiben. Und wie Sie am Beispiel des Niklas Luhmann sehen, trage ich das dem Urheber selbst dann noch nach, wenn er längst nicht mehr unter uns weilt. „Soziologisch als 3. Fremdsprache“ weiterlesen