SZ bläst Online-Handel auf

Wow, das hätte ich mir nicht träumen lassen vor zehn Jahren, als Dotcomtod-Guru Don Alphonso mich wegen meines Brandeins-Artikels „Dotcom lebt“ durch den Kakao zog: „Die Deutschen“ kaufen 61 Prozent ihrer Klamotten und 56 Prozent ihrer Bücher online.

Ja, tun sie das wirklich? Laut Süddeutscher Zeitung schon („Kaufen.com“, Wirtschaftsteil vom 1.12.2012). Aber nicht in Wirklichkeit. Natürlich nicht. Die Chart zeugt, pardon, von größter Ahnungslosigkeit, trotz der Referenz auf eine Studie von Price Waterhouse Coopers. Die Analysten von PwC haben sich nämlich keineswegs darüber geäußert, wieviel wir alle „von diesen Waren online“ kaufen. Die Zahlen beziehen sich darauf, wieviel Prozent ihres Bedarfs jene Menschen im Lande, die Produkte dieser Kategorien online einkaufen, im Netz decken. Besagte 61 Prozent sind der Wert bei den heutigen Kunden von Zalando & Co.; selbst die kaufen also immer noch 39 Prozent ihrer Sachen im Laden. Aber nur ein gutes Drittel der Verbraucher probiert überhaupt lieber zu Hause an, die Hälfte bevorzugt klar das klassische Shopping. „Die“ Deutschen würden also, wenn sich das aus den PwC-Zahlen denn schließen ließe, nur 22 Prozent online kaufen. Allerdings ist nicht einmal diese Lesart legitim, weil sie auf einer Befragung, mithin einer Selbsteinschätzung basiert. Mehr als eine Trendaussage lässt die Methodik nicht zu.

Richtig krass wird die Diskrepanz bei Lebensmitteln: Nur sieben Prozent kaufen ihr Essen nach Möglichkeit im Netz, 71 Prozent dagegen sind klar für den Supermarkt. Auch diese homeshopping-affinen sieben Prozent tragen noch 84 Prozent ihres Geldes zu Aldi, Edeka, Lidl und Rewe oder in den Bioladen. Die Zahl oben sind folglich 16 von 7 Prozent – was nichts anderes heißt, als dass sich die Deutschen irgend etwas in der Größenordnung von einem Prozent ihrer Lebensmittel vom Postboten liefern lassen.