…schon gar nicht die meistbesuchte der Welt, liebe Kollegen von der Süddeutschen. Und leider ist noch mehr schief auf der heutigen Aufmacherseite der Wirtschaft.
Richtig ist wohl: Die Website facebook.com/… hat inzwischen eine höhere Besucherfrequenz als Google.
„Site“ heißt nun mal nicht Seite, auch wenn es ähnlich klingt, sondern Standort oder Liegenschaft. Seite heißt „Page“. Den Unterschied kapieren viele digitale Immigranten unter den Journalisten leider auch nach 18 Jahren WWW noch nicht.
Auf der Webseite www.facebook.com, also der Homepage dieser Kommunikationsplattform, landen eigentlich nur Leute, die noch keinen Facebook-Account haben. Der normale Facebook-Nutzer geht gezielt zur eigenen Unter-Seite oder der eines Freundes. Bei Google dagegen steuern alle Nutzer tatsächlich zuerst eine einzige Seite an, nämlich die Homepage mit dem Suchfeld.
Also noch mal zum Mitdenken: Wenn wir unterstellen, dass Facebook tatsächlich eine halbe Milliarde Nutzer hat, dann gibt es allein schon eine halbe Milliarde Internet-Seiten (Webpages), auf denen sich Facebook-Freunde vor ihrem Bekanntenkreis produzieren. Teilt man die megalomanischen Zugriffszahlen von Facebook durch die offizielle Zahl der Nutzernasen, kommen für jede beliebige Facebook-Seite völlig irrelevante Größenordnungen heraus.
Unsinn ist aber auch die Behauptung im Wirtschaftsteil, mehr als 550 Millionen Menschen gäben…
„erstaunlich offenherzig persönliche Informationen preis, die für die Werbewirtschaft extrem wertvoll sein können“.
Ja, es gibt viel zu viele Menschen, die gedankenlos Infos über sich online stellen, die sich besser für sich behielten. Aber von den 550 Millionen müsste man schon die vielen, vielen Menschen abziehen, die sich nur aus Neugier und oft unter Pseudonym angemeldet haben (wie der hiesige Blogger), aber keineswegs wertvolle Daten preisgeben. Viele Menschen unterhalten auch mehrere Facebook-Identitäten. Die wahre Zahl an Individuen kennt also niemand, nur ist sie mit Sicherheit weitaus niedriger als 550 Millionen. Das entscheidende Wort in dem SZ-Kommentar ist also das „können“: Es entlarvt das dem „wertvoll“ vorangestellte „extrem“ als Bläh-Wort.
Recht hat die SZ zumindest mit dem Hinweis, der angebliche Börsenwert von Facebook – 38 Milliarden Euro – sei ein „Bläh-Wert“. Dass die Hochrechnung eines teuer erkauften Investments auf den Wert des Gesamtunternehmens zu rein hypothetischen und immer maßlos unrealistischen und damit unseriösen Bewertungen führt, sollte aber eigentlich jedem Leser von Wirtschaftsseiten seit mindestens zehn Jahren klar sein.
Darum möchte ich auch nie wieder lesen, Marc Zuckerberg sei jetzt Multi-Milliardär. Das ist er so lange nicht, wie ihm niemand eine solche Summe in bar für seine Anteile auf den Tisch legt.
Ein letzter Rüffel in dieser Sache:
„Facebook kann das Kapital der Börse gut gebrauchen – um mit Google, Microsoft und Apple konkurrieren zu können.“
Wie durchdacht dieser Satz ist, wird klar, wenn man die Firmennamen durch Edeka, Kaufhof, Tank & Rast und Nestlé ersetzt. Alle verkaufen in irgendeiner Weise (auch) etwas, das satt macht, aber das Kerngeschäft ist halt doch grundverschieden.
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