Apfelessig oder Achilles‘ wütende Verse

Der Berliner Kollege Hajo Schumacher – als Kolumnist auch unter dem Alias Achim Achilles geläufig – versprüht auf SpOn eine volle Ladung Apfelessig. Einerseits gesteht er selbstkritisch, dass er einst zu denen gehörte, die unbezahlt redaktionelle Reklame fürs iPhone gemacht haben. Andererseits muss er loswerden, dass er sich Dinge von den Apple-Produkten erhofft hat, die dann nicht so funktionierten.

Weil er nun völlig übersäuert ist, überreagiert sich Hansjo-Achim an seinen Mit-Applekunden ab, dass die Gemeinde der professionellen Applehasser ihren Spaß hat.

Natürlich funktioniert der Gag zuverlässig, im Bundestag säßen lauter Abgeordnete, die allein deshalb mit ihren Fettfingern die Displays ihrer iPads versauen, weil das Teil einen höheren Angeberfaktor hat als ein Leitzordner. Schöne Standup-Comedy-Nummer, die an niedere Vorurteile appelliert; berechenbarer Applaus bei allen, die sich nie in parlamentarische Bestuhlung quetschen mussten.

Aber was ist dran? Ich bin zwar kein Abgeordneter, aber ich muss manchmal in Sitzungen hocken, in denen es kaum möglich ist, den Leitz-Ordner aufzuklappen, ohne dem Nachbarn in die Quere zu kommen. Ein Leitz-Ordner  kennt auch keine Suchfunktion, dazu muss es halt schon etwas Computerartiges sein.

Wenn ich die Unterlagen vorab in PDF-Form bekommen kann, ist das Notebook deutlich besser als nichts; Herr Leitz hat dann bei mir Hausarrest. Aber ein aufgeklappter Laptopdeckel wirkt auf die anderen Teilnehmer wie die verschränkten Arme in der klassischen Körpersprache. Man sieht aus, als wolle man sich hinter dem Ding verschanzen.  Außerdem braucht man eine Steckdose, weil der Akku nur drei Stunden durchhält.

Ich wäre heilfroh, ich könnte mir für solche Tage ein iPad mieten (kaufen kommt nicht in Frage, denn es ist mir viel zu teuer, um es nur selten zu benutzen). Es braucht für diesen Zweck auch kein Flash zu beherrschen – was für Schumi Achilles wohl allein schon deshalb das zentrale Feature ist, weil es fehlt.  Nein, für Situationen wie im Bundestag – oder in einer Verwaltungsratssitzung – hätte man so ein Gerätchen schon längst erfinden sollen. Andere Hersteller sind daran gescheitert, Apple hat’s geschafft – und das kann ich ihnen nicht ernsthaft zum Vorwurf machen.

Die Leute, die ein iPad als Arbeitsgerät verwenden, halte ICH nicht für Angeber.

Angeber sind Leute, die als „Ex-Apple-Fan“ meinen herumpoltern zu müssen wie ein frisch zum Nichtraucher bekehrter Kettenraucher über den teuflischen Tabak.

Insofern ist Hajo Schumacher ein lebender Beweis dafür, dass Apple-Produkte tatsächlich süchtig machen können – mitsamt allen Risiken und Nebenwirkungen. Man darf  sie halt nicht in Überdosen inhalieren, sondern nur maßvoll genießen. Mein Macbook und mein iPod shuffle waren ihr Geld wert. Aber ich bin mir sehr bewusst: alles andere, auch ein iPhone, wäre gemessen an meinem Bedarf Luxus. Aber denen, die so viel unterwegs  sind, dass sie so ein Gerät ausnutzen können, gönne ich es von Herzen – genauso wie einem Taxifahrer seinen Mercedes.

P.S.: Wie kommt Hajo S. eigentlich darauf, dass man mit einem iPad telefonieren sollte? Mit meinem Fernseher, meinen Leitzordnern und meinem Bücherregal kann ich das auch nicht. 😉

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