Von Vorstandswahlen, Bussen, Putschisten und der Demokratie

Der Bayerische Journalisten-Verband ist ein Verein, der nicht viel Routine darin hat, Führungspersonal zu wählen. „Wählen“ im Gegensatz zu „wiederwählen“. Wenn die CDU ein Kanzler(innen)wahlverein ist, sind wir ein notorischer Wiederwahlverein. Abgesehen vom Schönhuber Franz unseligen Angedenkens hatte der Job eines 1. Vorsitzenden immer etwas Helmutkohlhaftes. Der gute alte Ernstl Müller-Meiningen „junior“ hat es so lange gemacht, dass sich keiner daran erinnert, wer vor ihm war (1951 bis 1971). Nach dem Ich-war-dabei-Schönhuber amtierte der legendäre Erich Geiersberger 15 Jahre (1977 bis 1992), Wolfgang Stöckel hat demnächst die 21 Jahre voll (wenn man ein Anfangsjahr als co-kommissarischer Chef mitzählt, sonst wäre er mit MM jr. zeitlich pari). Jetzt geht Stöckel aufs Altenteil und ergo die Aufregung los. Insgesamt zehn Posten stehen zur Wahl an.

Es könnte Kampfkandidaturen geben, wird geraunt. Kampfkandidaturen gegen Amtsinhaber gehören aber nicht zu unserer Tradition, auch Posten wie Schatzmeister und Vizevorsitz werden immer dann neu besetzt, wenn der Amtsinhaber nicht mehr kandidiert.

Ja, und noch etwas ist Bestandteil unserer DNS: Wer nicht mehr kandidiert, hält Ausschau nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger. Man möchte sich ja nicht nachsagen lassen, man hätte seine Sukzession nicht geregelt.

Leider ist aufgrund mangelnder Übung im Wählen (hier im wörtlichen Sinne von „Auswahl zwischen mehreren Kandidaten“) bei einigen Kollegen und vielleicht auch der einen oder anderen Kollegin in Vergessenheit geraten, dass das Vereinsrecht etwas anderes ist als das Erbfolgerecht in Monarchien. Mitglieder eines Vorstands dürfen nach geeigneten Kandidaten Ausschau halten, sie sollen es sogar tun, aber sie können und dürfen nicht mehr tun, als sie vorzuschlagen. Und zwar in ihrer Eigenschaft als ganz normale Mitglieder. 

Die vergesslichen Kollegen sind nun aber offenkundig der irrigen Meinung, der alte Vorstand bestimme den neuen und das Wahlvolk habe diesen Beschluss nur noch abzunicken, egal wie hinterzimmerhaft er zustande gekommen sein mag.
Ich empfehle hierzu einen Blick in die Satzung:

§ 15 Wahlen auf der Mitgliederversammlung

Für die Wahlen… gilt, dass das aktive Wahlrecht eine Mit­gliedschaft von mindestens drei Monaten, das passive Wahlrecht eine von mindestens sechs Monaten voraussetzt. Jedes Mitglied, das passiv wahlfähig ist, kann sich bei den Wahlen bewerben. … Das passive Wahlrecht zum Geschäftsführenden Vorstand setzt eine Mitglied­schaft von zwei Jahren voraus.

Da in Kreisen amtierender BJV-Funktionäre in den vergangenen Tagen Mails umliefen, in denen Ironie und Ernst nicht eindeutig voneinander zu unterscheiden waren, hier noch eine kurze wikipedianische Erklärung dazu, ob es in einem solchermaßen verfassten Verein einen Putsch geben kann:

Ein Putsch … ist eine meist überraschende, meist gewaltsame Aktion einer kleineren Gruppierung von Staatsorganen (meistens Militär) mit dem Ziel, die Regierung zu stürzen und die Macht im Staat zu übernehmen. Putschisten sind in der Regel hohe Militäroffiziere oder Führer paramilitärischer Organisationen. Häufig folgt auf einen Putsch eine Militärdiktatur oder die Herrschaft eines autoritären Regimes.

Das trifft auf eine turnusmäßige demokratische Wahl wohl eher nicht zu, gell?

Von meinen acht Semestern Politikwissenschaft am Geschwister-Scholl-Institut ist mindestens so viel hängengeblieben, dass eine Kandidatenmannschaft nicht die Macht im Staate haben kann, so dass nicht einmal Putschisten, gäbe es denn solche, sie ihnen wegnehmen könnten.

Jetzt ersetzen wir hier mal „Putschisten“ durch „Freie Journalisten“ und „Macht im Staate“ durch „Tageszeitungsredakteure“, und wir kommen der seltsamen E-Mail-Debatte schon recht nahe. Es ist ein grausiger Gedanke, dass gewählte Kollegenvertreter es NICHT als Ironie verstanden haben, dass ein Bus voller freier und bezirksfremder Journalisten ein „Stimmen-Lkw“ sein könnte (ohne den die pitterpöhsen Putschisten leider nicht putschen könnten) und deshalb jetzt gegen den Bus agitieren.

Wenn man nur genug Schaum vor dem Mund hat, quillt er so hoch, dass er die Sicht versperrt. Es kann auch Weißbierschaum sein.

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Eine Antwort auf „Von Vorstandswahlen, Bussen, Putschisten und der Demokratie“

  1. Nun, das mit dem Bus wurde ja nun erklärt. Wenn ich allerdings an meine Erlebnisse mit der Busfahrt nach …war es Rothenburg ob der Tauber…denke…dann ist das diesmal doch wirklich nett! Damals hatte man uns ja gesagt, wir könnten am Hotel abgeholt werden, was dann kurzfristig 10 Minuten vor Abfahrt abgesagt wurde…wir hasteten folglich nun durch den ganzen Ort mit Gepäck zum Bus (Taxis gab es da nicht), wurden dann von allen beschimpft über die so entstandene Verzögerung….und dann fuhr der Bus los und doch direkt am Hotel vorbei 🙁 also genau das, was ursprünglich gesagt worden war und plötzlich nicht mehr ging…

    In Müchen mußten wir dann dem Busfahrer als „Dankeschön“ noch Trinkgeld geben :-((( daß er auf uns gewartet hatte…statt rechtzeitig zu sagen, daß er den Stop am Hotel streichen will.

    Da wäre es für uns mit Auto viel einfacher gewesen, wir sind aber mit dem Bus, weil ich hoffte, so mehr mit Kollegen reden zu können…aber die waren dann ja auf uns sauer und redeten nicht mehr mit uns, weil „wir“ die 30 Minuten Verspätung verursacht hatten.

    Frau Ancker konnte ich das später noch erklären, aber mit einem Bus würde ich deshalb nicht mehr zu einer BJV-Jahresversammlung fahren. Auch wenn es nach Aschaffenburg SEHR empfehlenswert ist. Ist eine lange Fahrt. Mußte da mal 8 Uhr früh da sein, da half nur Übernachtung (die mir dann keiner zahlen wollte).

    An dem WE kann ich aber leider eh‘ nicht, hab auf den Naturfototagen FFB zu tun. Hoffen wir, daß die Anwesenden die Richtigen wählen!

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