Dirk von Gehlen über C3S – ein Mashup

Unter der Überschrift „Künstlerselbsthilfe“ gibt Dirk von Gehlen im heutigen SZ-Feuilleton wieder einmal eine Kostprobe seines mit Voreingenommenheit gewürzten Halbwissens in Fragen des Urheberrechts zum Besten. Es geht um die Idee einer zweiten Musik-Verwertungsgesellschaft neben der Gema.

Da Kollege Gehlen auf Angebote, sein schlagseitiges Weltbild durch Input von Informationen und nähere Erläuterung anderer Sichtweisen auszutarieren, bis dato äußerst zurückhaltend reagiert hat und das „Lob der Kopie“ als Mutter aller kreativen Dinge singt, bietet es sich an, seine Einlassungen in Form eines Mashups zu überarbeiten:

Vor etwas mehr als zehn Jahren machte der amerikanische Jurist Lawrence Lessig in Stanford eine Idee publik, die viele für unrealistisch hielten. Lessig hatte die Situation im Urheberrecht analysiert…

Falsch, mein Lieber, und das wissen Sie. Er hat mitnichten das Urheberrecht as we know it, sondern das in den USA geltende Copyright zerfieselt. Was Lessig störte, wäre in deutscher Terminologie am besten mit „Leistungsschutzrecht der Verleger“ umschrieben, wie sich anhand einer Rede aus dem August 2002 schön nachvollziehen lässt.

Übrigens nahm es auch der Creative-Commons-Vordenker nicht so ganz genau in seiner Argumentation. In deren Mittelpunkt steht das (US-amerikanische) Gesetz zur Copyright-Verlängerung von 1998, das in den USA auch als „Mickey Mouse Protection Act“ bezeichnet wird. Darin wurde die Schutzdauer von 50 Jahren (Minimum gemäß der Berner Übereinkunft) auf 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers verlängert, wobei auf juristische Personen übertragene Copyrights (also Verwertungs- oder Leistungsschutzrechte) bis zu 95 Jahren gültig bleiben. Gegen Lessigs Gerechtigkeitsempfinden verstieß vor allem die Tatsache, dass Disney und sein Partner Ubbe Iwerks sich für ihren ersten Mickey-Mouse-Film „Steamboat Willie“ ungeniert bei Buster Keaton bedient hatten – ihr Drehbuch war quasi ein Plagiat von dessen Werk Steamboat Bill – und später Grimmsche Märchen verfilmten, die Disney Corporation aber vehement ihr Copyright verteidigt. „No one can do to the Disney Corporation what Walt Disney did to the Brothers Grimm“, behauptete Lessig.

Während Buster Keaton sicherlich Tantiemenansprüche zugestanden hätten, ist der Casus Grimm purer Unsinn nach dem Motto: „Ich lasse mir eine schöne These doch nicht von Tatsachen vermasseln.“ Jacob Grimm starb 1863. Das Urheberrecht an Aschenputtel wäre also 1933 ausgelaufen, 17 Jahre vor dem Disney-Zeichentrickfilm Cinderella. Zudem hatten die Gebrüder Grimm die Märchen nicht geschrieben, sondern nur aufgeschrieben. Aschenputtel wäre zu ihrer Zeit auch nach heutigem Recht längst gemeinfrei gewesen: Die Geschichte stammt aus Frankreich, aus dem 17. Jahrhundert. Die schutzwürdige Eigenleistung der Grimms in Sachen „schöpferische Gestaltungshöhe“ wäre sicherlich ein interessantes Promotionsthema für Juristen.

Was Mickey betrifft: Disney starb 1966, Iwerks 1971. Selbst nach altem US-Copyright wäre die Maus also erst 2021 gemeinfrei geworden. Dass der Disney-Konzern eine der treibenden Lobby-Kräfte hinter der Copyright Extension war, ist nicht zu bestreiten, aber deren Kern war nichts anderes als eine Angleichung des US-Rechts an internationale Standards (mit der Einschränkung, dass es sich immer noch um eine Copyright- und nicht um eine Urheberrechts-Gesetzgebung handelt). Hinzu kommt, dass der großohrige Nager längst zu einem Wirtschaftsfaktor und einer Marke geworden ist und somit in eine andere Disziplin des Intellectual Property Right hinüberdiffundiert ist. Wer fordert, dass Micky der digitalen Allmende übereignet werden soll, muss das gleiche eigentlich auch für die Adidas-Streifen, den Mercedes-Stern und das Bayer-Kreuz verlangen. (Die Aufregung versuche ich mir gerade vorzustellen.)

Zurück zu von Gehlens Worten über Lessig:

…und war zu dem Schluss gekommen: In einer Welt, in der jeder zum Urheber werden kann, …

Eine solche neue Welt, wie sie der SZ-Kollege hier insinuiert, gab es nicht. Es konnte schon immer jeder zum Urheber werden – vorausgesetzt, ihm fiel etwas Kreatives ein. Das Neue, das in die Welt gekommen war und Lessig umtrieb, war lediglich die technische Möglichkeit, die Ausflüsse eigener (und fremder!) Kreativität preisgünstig in digitaler Form unter die Leute zu bringen.

…braucht man alternative Lizenzierungsmodelle zu den strikten Vorgaben – „Alle Rechte vorbehalten“ – des Urheberrechts klassischer Prägung.

Auch hier offenbart der Autor wieder, dass er nichts verstanden hat. Erstens hat „All Rights Reserved“ nichts mit unserem Urheberrecht zu tun; hierzulande braucht niemand diese Formel, weil der Urheber automatisch alle Rechte an seinem Werk hat. Zweitens ist es im angelsächsischen Copyright gerade keine strikte Vorgabe (des amerikanischen oder britischen Rechtssystems), sondern die weitestgehende verschiedener Möglichkeiten, öffentlich Vermarktungsansprüche für sich zu reklamieren. Wäre es selbstverständlich (gewesen), dass sich der Copyright-Inhaber ALLE Rechte vorbehält, wäre der explizite Hinweis hierauf überflüssig gewesen. Der komplette Rechtevorbehalt war halt eine bequeme Formel für diejenigen Urheber und Verwerter, die den Daumen draufhalten wollten. Kaum jemand machte sich die Mühe, Bedingungen zu formulieren, die über den ungeliebten, schwammigen „Fair Use“ hinausgegangen wären.

Gemeinsam mit Unterstützern begründete Lawrence Lessig die sogenannte Creative-Commons-Idee (CC). Dabei handelt es sich um eine besondere Form der Lizenzierung, bei der Künstler besondere Nutzungsformen zulassen können – mit dem Ziel, ihre Werke stärker zirkulieren zu lassen als dies mit klassischen Lizenzen möglich wäre („Einige Rechte vorbehalten“).

Besondere Form der Lizenzierung, besondere Nutzungsformen? Rubbish! Lessig hat sich die ganze Zeit innerhalb des Rechtsrahmens gehalten, den die amerikanische Urheber- und Verwertungsgesetzgebung bot. Nichts davon war bis dahin unzulässig, es bedurfte keiner Gesetzesnovelle. Im Rahmen der Vertragsfreiheit hätte jeder solche Lizenzen schon früher aushandeln können. Es wurde nur nicht gemacht. Ein kleiner, aber feiner Unterschied. Es ging denn auch gerade nicht darum, sich „einige“ Rechte „vorzubehalten“, sondern darum, exakt definierte Rechte pauschal Dritten einzuräumen. Man könnte dies auch als das glatte Gegenteil von dem bezeichnen, was Kollege Gehlen hier fabuliert.

Im vergangenen Winter feierte die Creative-Commons-Bewegung ihren zehnten Geburtstag. Von Stanford aus ist die Bewegung gewachsen: …

Jetzt fehlt nur noch, dass Stanford bezeichnet wird als Hauptstadt der… Ähem, lassen wir das. Jedenfalls feierten die Creative-Commons-Leute im vorigen Winter nicht den zehnten Geburtstag der Bewegung, sondern die Veröffentlichung der ersten Lizenzmodelle (CC 1.0). Die Organisation hatte Lessig mit Freunden bereits 2001 gegründet.

… Sogar das Weiße Haus stellt mittlerweile Dokumente unter CC-Lizenz ins Netz, …

Wahrscheinlich bin ich zu blöd, aber den Gag kapiere ich nicht. Waren die von den Spindoctorows, pardon: Spin Doctors, ausgeheckten Verlautbarungen früher Copyright Protected, so dass die Presse sie nicht nachdrucken durfte? Wurden Medien wegen Infringement verklagt, wenn sie O-Ton Clinton, Bush oder Obama wiedergaben?

…Musiker und Schriftsteller wie der kanadische Autor Cory Doctorow experimentieren seit Jahren erfolgreich mit diesem Modell.

So, so, jetzt sind es erfolgreiche Experimente. Das heißt doch: Es klappt unter Laborbedingungen, aber nicht im richtigen Leben. Irgendwann sollte man mal mit dem Rumprobieren aufhören und Nägel mit Köpfen machen. Ach, das geschieht schon? Ja, aber wo? Und was ist „Erfolg“? Verbreitung und Reichweite oder Umsatz und Gewinn?

Das würde man gerne lesen in diesem Kontext. Dann kämen hier aber solche schlechten Scherze zur Sprache wie die Unsitte der Wikipedia-Betreiber, das Hochladen von Fotos nur unter einer einzigen der verschiedenen CC-Lizenzen zu gestatten – nämlich derjenigen, bei der der Urheber völlig auf seine Rechte verzichten muss. Lade ich das Foto einer Rarität oder einer Sehenswürdigkeit in die Wikipedia hoch, kann ein Reisebüro oder eine Werbeagentur sich ohne Nachfrage und Bezahlung daran bedienen. Diese Form von CC ist ausschließlich auf die Interessen nicht zahlungswilliger Werknutzer und ihrer willfährigen, eitlen Hobby-Zulieferer zugeschnitten, die noch dafür bezahlen würden, dass andere sich ihre Fotos angucken. Sie dient nicht dem Urheber, der nach Lessigs Ideen eigentlich die Wahl hätte, private Nutzungen zu erlauben, von Firmen aber Lizenzgebühren zu kassieren.

Auch Doctorows Ansichten sind so, sagen wir, eigen, dass sie nicht als Maßstab für irgendwen außer ihm selbst taugen:…no one gets into publishing to get rich. Working in the publishing industry is virtually a vow of poverty. The only reason to get into publishing is because you flat-out love books and want to make them happen. People work in publishing for the same reason writers write: they can’t help themselves.“ Ich weiß nicht, wie Joanne K. Rowling, Paulo Coelho und Stephen King das sahen, als sie mit dem Schreiben anfingen. Jedenfalls beschäftigt Doctorow Agenten, die seine Bücher in fremdsprachigen Märkten übersetzen lassen. Das CC-Modell stößt da an seine Grenzen, wie er gemerkt hat. Kein qualifizierter literarischer Übersetzer ist daran interessiert, für den Ruhm eines Schriftstellers zu ackern. Er will schlichtweg von seiner Arbeit leben. Immerhin gesteht Doctorow den Verlegern sinngemäß zu, dass sie nicht Champagner aus den Hirnschalen ihrer Autoren schlürfen.

Von Gehlen weiter:

All das geschieht abseits der Hauptkampfplätze des Urheberrechts-Streits in den Medien.

Ich dachte immer, Aufgabe der Medien sei nur, von den Hauptkampfplätzen zu berichten. Hier wird die Zeitung rhetorisch zum Schlachtfeld. Und Kollege Gehlen outet sich als Partizipant, der soeben bemerkt hat, dass anderswo etwas Spannenderes geschieht. Könnte er nicht einfach sachlich berichten, was passiert? Fakten?

Die Idee der CC-Lizenzen setzt nicht auf Lautstärke und Lobby, sondern auf eine praktische Alternative.

Gegen wen geht jetzt das? Beim Stichwort „lautstark“ fallen mir die Gema-Gegner ein, bei „Lobbyisten“ Dehoga, Bitkom & Co. als Vertreter der Clubbesitzer und abgabepflichtigen IT-Hersteller. Die können hier eigentlich nicht die Zielscheibe sein.

Von Trier…,

Wieso muss ich jetzt gerade „Lars“ denken, liebes Feuilleton? Wollt Ihr mich ablenken?

…nicht von Stanford aus soll dieses Modell jetzt auf die nächste Ebene gehoben werden: Die „Cultural Commons Collecting Society“ (C3S) will eine Verwertungsgesellschaft gründen, bei der auch Musikstücke zugelassen sind, die unter CC-Lizenz veröffentlicht wurden.

Ich würde sagen: eine Verwertungsgesellschaft für Komponisten, die meinen, mit CC-Lizenzen bessere Geschäfte machen zu können als im Rahmen eines klassischen Gema-Wahrnehmungsvertrags.

Die C3S versteht sich als „faire Alternative“ zur Gema. Das ist die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, die seit Monaten in immer neuen Debatten steht: …

Jahren!

…Angefangen von der Frage, warum gewisse Clips auf YouTube nicht gespielt werden, …

Da die Antwort bekannt ist, sollte eine Qualitätszeitung nicht so tun, als sei die Frage offen. Der Passiv dient hier der Exkulpation von Google. Also: Google als Mutterfirma von Youtube ist nicht bereit, faire Lizenzraten für die Musikstreams zu bezahlen. Deshalb hat die Gema in einem Musterprozess durchgesetzt, dass Youtube einige wenige Songs offline nehmen musste. Auf diesen Schuss vor den Bug reagierte Google aber mit nicht etwa mit einer reumütigen Rückkehr an den Verhandlungstisch, sondern mit einer wahllosen Einblendung von Sperrtafeln, auf denen das Unternehmen der Gema den Schwarzen Peter zuschob. Es ist ein Machtspiel, bei dem die Gema nicht klein beigibt. Schwächere Verwertungsgesellschaften in anderen Ländern sind eingeknickt, die Komponisten bekommen nur lausige Pennies. Die „faire Alternative“ C3S wäre fürs erste eine noch schwächere Verwertungsgesellschaft. Sie könnte dem unbezahlten Ausschlachten der Werke ihrer Mitglieder durch Youtube nichts entgegensetzen.

…bis zur Reform der Tarife für Musik-Clubs, die von ihr lizenzierte Musik spielen – stets wird der Gema vorgeworfen, nicht angemessen auf die neuen digitalen Realitäten zu reagieren.

Sprechen interessengeleitete Vorwürfe gegen den, dem sie gelten?

Gustl Mollath ist auch immer wieder vorgeworfen worden, ein unberechenbar gewalttätiger Verrückter zu sein, der Frauen schlägt und Reifen zersticht. Die Frage ist doch stets: Von wem wird was warum vorgeworfen?

Doch von C3S-Gründer Wolfgang Senges aus Trier ist kein böses Wort über die Gema zu hören.

Der wird wissen, warum. Und Gehlen scheint es schade zu finden. Oder lese ich da zuviel zwischen den Zeilen?

Er glaubt nicht daran, dass die Gema sich im Sinne einer digitalen Musikwirtschaft ändern wird und kann. Deshalb ist er überzeugt: „Wir brauchen eine zweite, faire und flexible Verwertungsgesellschaft. …

Ich sage: „Wir sind fair.“ Dann brauche ich kein böses Wort zu sagen wie „die sind unfair“.

…Selbst Mitglieder in der Gema tun sich aufgrund der Mitgliederstruktur schwer, Dinge zu bewegen.“

Das schreit nach einer Erklärung. Aber soll es sich der Leser doch selbst googlen.

Er glaubt: „Alleine die Möglichkeit einer zweiten Verwertungsgesellschaft für Musik sorgt für eine lange benötigte Bewegung im Markt.“

Denn bisher sind die Lizenzierungsmodelle von Lawrence Lessig und die Ideen der deutschen Gema nur schwer zusammenzubringen.

Was Wunder, wurzelt das kontinentaleuropäische Urheberrecht doch in einer ganz anderen Rechtstradition! Weder die Gema noch die C3S kann das UrhG so einfach umschnitzen.

Die C3S will beide Welten versöhnen, erklärt Senges: „Einerseits die Sicherheit einer Verwertungsgesellschaft, die mir als Musiker die Integration in den Musikmarkt bietet; andererseits aber auch die Freiheit zu entscheiden, welche meiner Werke ich unter welchen Lizenzen veröffentlichen möchte.“ Das alles will die C3S sehr viel demokratischer lösen als die Gema, bei der lediglich fünf Prozent der Mitglieder das volle Stimmrecht haben.

Darüber müsste man einen demokratietheoretischen Diskurs führen. Bei Abstimmungen in der Gema-Mitgliederversammlung geht es um das Geld der Komponisten, so wie es bei der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft um das Kapital der Anleger geht. Ein Kleinanleger hat nicht die gleichen Stimmrechte wie ein Großaktionär, und die fünf Prozent bei der Gema zählen sicherlich zu den kommerziell erfolgreichen Komponisten. Unter den 95 Prozent sind viele, die entweder nur wenige Songs geschrieben haben oder deren Songs wenig gespielt werden. Man mag es ja undemokratisch finden, aber das Urheberrecht ist nicht als Umverteilungssystem angelegt, das Tantiemen von Hitschreibern und Bestsellerautoren auf die Konten von Erzeugern vielleicht anspruchsvollerer, aber eben auch unpopulärer Musik und Literatur umlenkt. Tantiemen sind eine Erfolgsbeteiligung und keine Sozialleistung. Wenn man das ändern möchte, muss man das Urheberrecht in dieser Richtung umbauen (also eine Mehrheit im Bundestag dafür organisieren).

Die Idee einer alternativen Verwertungsgesellschaft, die Zweitnutzung musikalischer Werke für Künstler regelt, gibt es seit Jahren, …

Das mit der Zweitnutzung von Musik ist so eine Sache. Selbst bei Texten ist im Zeitalter von „Online First“ die Abgrenzung schwierig. Ich denke nicht, dass es mit Zweitrechten getan ist, wenn Komponisten an der Gema vorbeikommen wollen.

…doch seit Kurzem ist sie sehr konkret: Das Team um Wolfgang Senges hat am 14. Juli ein Crowdinvesting-Projekt gestartet und einen Weg vorgezeichnet, wie C3S Wirklichkeit werden kann. Dazu braucht die „Initiative ohne juristische Form“ – wie sie sich offiziell noch nennt – Mitglieder und Geld. Denn nur wenn mindestens 3000 Musiker zusagen, Werke über die neue Verwertungsgesellschaft lizenzieren zu wollen, kümmert sich das zuständige Marken- und Patentamt…

Die Behörde heißt „Deutsches Patent- und Markenamt“.

…überhaupt um den Antrag auf Zulassung einer neuen Verwertungsgesellschaft.

Zusätzlich sind Geldmittel nötig, um die Infrastruktur für die neue Verwertungsgesellschaft aufzubauen – mindestens 50.000 Euro.

Wäre Kollege Gehlen Wirtschaftsredakteur, was er leider nicht ist, würde ihm auffallen, dass das eine äußerst optimistische bis naive Schätzung ist. Eine eigene Geschäftsstelle ist damit nicht machbar, es läuft also darauf hinaus, dass Senges oder sein Rechtsberater Meinrad Starostik das noch eine ganze Weile von ihren Büros aus werden mit erledigen müssen. Eine Teilzeitkraft mit 1-Jahres-Vertrag ist an Personal das höchste der Gefühle. Ich kapiere nicht, warum die 3000 Musiker nicht 100 Euro pro Nase hinlegen müssen. Dann wären fürs Erste 300.000 Euro im Topf. Drunter braucht man wirklich nicht anzufangen.

Bis Ende September wird das Geld über startnext.de/c3s eingesammelt, seit dem Start sind schon etwa 31.000 Euro zusammengekommen. Die C3S will eine europäische Genossenschaft werden und am 25. September auf dem Reeperbahnfestival in Hamburg eine neue Verwertungsgesellschaft gründen – keine, die auf Lautstärke und Lobby setzt, sondern auf eine praktische Alternative.

Das mit Lautstärke und Lobby hatten wir doch oben schon mal. Jedenfalls ist es simpel: Wer nach Brüssel gehen will („europäische Genossenschaft“), muss entweder gute Lobbyarbeit machen, die braucht nicht laut zu sein. Oder er muss durch Lautstärke auffallen. Keins von beiden – das ist fast schon eine Garantie dafür, nicht wahrgenommen zu werden.

Die bisher konkurrenzlose Gema verfolgt die Entwicklung sehr genau.

Ja, die haben halt das Geld, Profis zu beschäftigen.

Schon im vergangenen Jahr informierte sie ihre Mitglieder sehr sachlich über die C3S-Pläne und kam zu dem Schluss: „Die Aufgaben einer Verwertungsgesellschaft sind extrem komplex und aufwendig. Daher lässt sich schwer voraussagen, wie erfolgreich C3S sein wird.“ Diese Einschätzung hätte man vor zehn Jahren auch über die Creative-Commons-Bewegung treffen können.

Was will uns dieser mit besserwisserischer Attitüde vorgetragene Schlusssatz eigentlich sagen, eingedenk des Umstandes, dass C3S Teil dieser „Bewegung“ ist?

Sie sind der oder die 3853. Leser/in dieses Beitrags.

Eine Antwort auf „Dirk von Gehlen über C3S – ein Mashup“

  1. Creative-Commons-Lizenzen verschaffen dem Urheber keinerlei Rechte, sondern verpflichten ihn im Gegenteil zum Verzicht auf das, was ihm laut Gesetz zusteht. Leider findet sich diese schlichte Wahrheit in keiner der verlogenen Lobeshymnen auf die alternative künstlerische Freiheit. Nochmal: Creative-Commons-Lizenzen sind nichts anderes als Verzichtserklärungen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert