Das Schuh-Auto ist da: schwerer, teurer, konventioneller

Wenn man für Magazine schreibt, die nur alle ein oder zwei Monaten erscheinen und einen gewissen Produktionsvorlauf haben, wird man manchmal von der Realität überholt.

PR-Foto: E.GO Mobile AG

Als ich im Herbst mit Günther Schuh sprach, hatte der RWTH-Professor und Elektroauto-Unternehmer bereits angedeutet, dass sein Team dank neuer Methoden (Scrum, Industrie 4.0) in der Lage sei, ein Produkt sehr schnell zu verändern und zu verbessern. Dennoch war ich schwer überrascht, als ich heute das (möglicherweise) endgültige Design des Kleinwagens e.GO Life sah und die technischen Daten las. Ja: Ich erkenne das Fahrzeug nicht wieder. Sein technisches Innenleben mag gleich sein, von außen ist es etwas vollkommen anderes.

Gegenüber dem ursprünglichen Entwurf, den ich in der Technology Review und im Design Report vorgestellt hatte, ist das Wägelchen deutlich schwerer und teurer, etwas langsamer und in der Erscheinung insgesamt konventioneller geworden. Statt 13.000 Euro soll es jetzt (ohne Berücksichtigung von E-Auto-Subventionen) fast 16.000 Euro kosten. Dafür bekommt der Käufer aber kein Ultraleichtauto der Klasse L7e (angekündigt war weniger als eine halbe Tonne ohne Akku), sondern ein M1-Kompaktauto mit 650 Kilo Eigengewicht (ebenfalls ohne Akku). Insofern ist der in Hannover präsentierte Vorserien-Life ein Mittelding aus dem ursprünglichen Life-Konzept und dem für ein Jahr später angekündigten Ego Booster. Weil er aufgespeckt hat, braucht der Stadtflitzer statt 3,9 nun 4,9 Sekunden, um auf Tempo 50 zu kommen. Dafür traut sich Schuh jetzt, nicht nur 80, sondern 100 Kilometer Reichweite in der Grundversion zu versprechen.

Foto: Ulf J. Froitzheim

Das markante bis eigenwillige Äußere, mit dem Designer Stefan H. Frey dem Life ein Gesicht in der Menge geben wollte, ist einem konventionellen japanisch-französischen Look gewichen. Keine Nashornschnauze mehr, keine raschen Vortrieb suggerierende „Lavalle-Düse“ mehr als Verbindung zwischen Scheinwerfer und A-Säule. Kurzum: Ein Auto ohne Ecken und Kanten, das näher am Massengeschmack ist, aber die Chance verspielt, Blicke auf sich zu ziehen und so für die Elektromobilität zu werben. Enttäuschend finde ich auch den Preis – gemessen an den Erwartungen, die Günther Schuh geweckt hat. Aber ich verstehe schon, dass die Investoren vielleicht einen kleinen Gewinn sehen wollen. Autos zu bauen ist nun mal keine Non-Profit-Tätigkeit – oder sollte keine sein.

 

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3 Antworten auf „Das Schuh-Auto ist da: schwerer, teurer, konventioneller“

  1. Was das Design betrifft, kann ich mich dem Autor des Artikels nur voll und ganz anschließen. Dieses weichgespülte Kulleraugen-Design ohne Sicken und Kanten hat man jetzt mehr als fünfzehn Jahre lang von ALLEN Autoherstellern präsentiert bekommen. Man mag es nicht mehr sehen – und auch nicht mehr kaufen! Wer Autodesign über die letzten Jahrzehnte verfolgt hat, der fühlt, dass ein Übergang bevorsteht. Die Jahre des smarten, gesichtslosen Designs ohne Festlegung sind vorbei. Die ersten Modelle mit (Mar-)Kanten erscheinen bereits hier und da. Das Auto mit „Gesicht“ wird zurückkehren. Der Frey’sche Entwurf hatte alles, was in diesem Moment ein kraftvoller Schritt in die fraglos kommende Designzukunft gewesen wäre. Stattdessen hat man sich für ein verzagtes Anbiedern an einen Zeitgeist entschieden, der sein Verfallsdatum bereits überschritten hat. Thema verfehlt, Setzen, Sechs! Dieses Design wird ohne viel Worte untergehen. Eine schöne Chance abseits der großen Hersteller wurde verpasst! –
    Aber den Namen Frey sollte man sich merken! Dieses Design wird nicht unbemerkt bleiben. Da wird man sicher noch etwas hören…!

    1. Sich von dem gezeigten ursprünglichen Design zu lösen war nicht nur sinnvoll, es war bitter nötig. Das, was Sie hier als markantes Design bezeichnen, lässt Flächen- und Designverständnis gänzlich missen. Die Linien und Theoriekanten haben keinen Bezug zu einander, den Radien fehlt es gänzlich an Dynamik. Die Proportionsverhältnisse zwischen den Volumen sind unausgewogen. Die Fase auf dem Kotflügel bildet einen S-Schlag, hier ist die Gestaltung bereits dreidimensional an ihre Grenzen gestoßen. Mit anderen Worten: Hier zeigt sich sehr deutlich, dass schon an diesem Punkt die Kompetenzen überschritten wurden. Zeitgeistlich sind wir hier vor der Industriellen Revolution.
      Getoppt wird diese Zumutung für selbst ästhetisch anspruchslose Augen nur durch Herrn Marks geistigen Abfall.
      Setzen, Sechs für alle!
      Ein glück muss man sich keinen dieser Namen merken.

      1. Dass Marks ein echter Name ist, kann ich glauben. Wenn sich jemand „Da Vinci“ nennt, ist das jedoch ein klarer Fall von Narzissmus, gepaart mit Feigheit vor dem Feind. Dafür und für den arroganten Tonfall meine Schulnote in Betragen: Sechs mit Stern.

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