Die beiden Kandidaten warten wohl schon drauf, dass ich hier endlich etwas schreibe über ihr Nicht-Duell am vergangenen Freitag in der Kauferinger Lechau-Halle. In gewisser Weise muss ich beide Bürgermeister-Aspiranten enttäuschen, denn ich weiß immer noch nicht, wen ich am 6. Oktober wähle. Auf meiner Entscheidungsmatrix erreicht keiner von beiden die volle Punktzahl, aber beide doch so viele, dass ich bestimmt zur Wahl gehen und für einen der zwei stimmen werde.
Insofern kann ich schon mal die von einem Leser des Landsberger Tagblatts gestellte Frage für irrelevant erklären, was denn wäre, wenn die Kauferinger zu erkennen gäben, dass sie weder den Sozialdemokraten Thomas Salzberger noch den Grünalternativen Patrick Heißler wollen, wenn also die Wahlbeteiligung sehr gering wäre oder viele Wähler ungültig stimmen würden. Um jemanden zu einem fundamentaloppositionellen Abstimmungsverhalten zu provozieren und „keiner von beiden“ auf den Wahlzettel zu kritzeln, haben die beiden Gemeinderäte zuviel Sinnvolles gesagt und zuviel ehrliche Motivation zu erkennen gegeben. Wenn viele Bürger nicht zur Wahl gehen sollten, kann das auf gut Bairisch auch „basst scho“ bedeuten, also: „Es ist mir egal, wer von denen Bürgermeister wird, die sind beide nicht doof. Hauptsache, es bürgermeistert endlich wieder jemand.“ Denn dass eine Landtagsabgeordnete das Amt nebenher kommissarisch führen muss, kann ja kein Dauerzustand sein, nicht mal ein Zustand bis zur nächsten turnusmäßigen Kommunalwahl im nächsten Frühjahr. Wir können sogar dankbar sein, dass es überhaupt noch Mitbürger gibt, die sich dieses Amt antun wollen.
Wie das Tagblatt zutreffenderweise schrieb, unterscheiden sich der SPDCSUUBV-Kandidat und der GAL-Kandidat inhaltlich nur in Nuancen. Das gilt im Positiven ebenso wie in der gemeinsamen Mutlosigkeit in Sachen Rechts-vor-Links. Weder Salzberger noch Heißler mochte deutlich sagen, dass die derzeitige Regelung ein echter Murks ist, weil die Mehrheit der Autofahrer und wahrscheinlich auch die meisten Radfahrer nicht wissen, wo rechts und wo links ist. Man kann doch nicht warten, bis so viele echte Unfälle passiert sind, dass es eine aussagekräftige Statistik gibt. Die beinahe täglichen Beinaheunfälle, die wirklich jeder Verkehrsteilnehmer erlebt, der nicht von sich aus die von links Kommenden vorbeiwinkt, sind Grund genug, zumindest die Kolpingstraße und die Albert-Schweitzer-Straße samt ihrem Appendix (Otto- und südliche Dr.-Gerbl-Straße) wieder zu Vorfahrtstraßen zu machen.
Und warum müssen beide „versprechen“, in der Kolpingstraße werde künftig geblitzt? Mit Tempo 40 oder 50 „rasen“ kann man da sowieso nur, wenn nichts los ist und deshalb auch nichts passieren kann. Die Parkplatzzufahrten und die westlichen Einmündungen sind natürliche Bremsen. Wichtiger wäre es, den „Fahrräder-in-Schrittgeschwindigkeit-frei“-Bürgersteig wieder zu dem zu machen, was er war: einem kombinierten Fuß- und Radweg, auf dem man in normalem Tempo radeln darf. Denn es ist immer noch so, dass Autofahrer, die es sich gefallen lassen, dass ein Radler mit Tempo 25 „ihre“ Fahrbahn benutzt, eine verschwindende Minderheit darstellen. Da nach wie vor drei von vier Radlern mit vollem Tempo auf dem Gehstreifen unterwegs sind, gewöhnen sich die Autofahrer ja auch nicht daran, dass sie sich die Fahrbahn mit Zweiradfahrern teilen müssten. Mit Radar und Knöllchen senkt man nicht die Zahl der geschwindigkeitsbedingten Unfälle, denn die lag dort schon vorher bei Null. Man ärgert nur diejenigen, die mehr auf den Verkehr achten statt auf den Tacho. Niemand wird es lustig finden, 15 Euro blechen zu müssen, weil er auf leerer Straße 35 gefahren ist. Was passieren wird: Die Ängstlichen und die notorischen Verkehrserzieher fahren dann nur noch 20. Daher mein einziger ernsthafter Rüffel an beide Kandidaten, die sich beim Thema Vorfahrtstraßen winden wie die Aale: Wer ehrlich sein will, sollte klipp und klar zugeben, dass die Ausdehnung der 30er-Zone auf unsere Hauptgeschäftsstraße ein astreiner Flop war.
Ja, liebe*r Kauferinger*in, wer soll nun Dein Herzblatt sein? Red Bull, der joviale rote Ex-Küchenbulle Thomas, der 107 seiner 105 potenziellen Untergebenen persönlich kennt und als altgedienter, frisch gehobener Beamter weiß, wie diese Pappenheimer ticken?
Oder bleibst Du bei Doc Green kleben, dem sportlich-eloquenten Ausdauerkommunikator Patrick, der sich Zeit nimmt, jeden Mitarbeiter m/w/d und jeden Bürger m/w/d kennenzulernen, und in der freien Wirtschaft gelernt hat, wie man es schafft, dass die Chemie stimmt?
Ich denke, genau darüber sollten wir bis zum 6. Oktober noch mal schlafen: Wer von beiden hat die Persönlichkeit, die Art, die „Street Credibility“, die man braucht, um die vom Führungsvakuum geschädigte Mannundfrauschaft im Rathaus erst hinter sich und dann auf Kurs zu bringen, damit alle motiviert einen guten Job machen? Es gibt noch einige Gelegenheiten, den beiden in kleinerem Kreis auf den Zahn zu fühlen. Wer noch unentschlossen ist, sollte sie nutzen. Denn wer sich kein eigenes Bild macht, sondern nach Parteizugehörigkeit wählt, dem ist nicht zu helfen.
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