Jurassic Park im Lindenkeller

Zwei am Abgrund stehende Dinosaurier projizierte Stephan Russ-Mohl, gelernter Journalist und Professor für Kommunikationswissenschaft in Lugano, bei der Mitgliederversammlung des BJV an die Wand. Der Kleinere, wohl der Gattung Beratosaurus minor angehörig, belehrte den großen, behäbigen Klientosaurus rex: „Um zu überleben, musst Du schlanker und schneller werden.“ Dessen Antwort: „Soso, aber ich bin doch dann immer noch im Sauriergewerbe, oder?“

Die Karikatur, eigentlich gemünzt auf US-amerikanische Zeitungsverlage, hätte sehr gut auch auf das Gros der Anwesenden gepasst. Wenn es nämlich eine Gruppe von Mitgliedern gab, die im Freisinger Lindenkeller wirklich eifrig von ihrem basisdemokratischen Mitspracherecht Gebrauch machte, so war es die der amtierenden und ehemaligen Redakteure regionaler Tageszeitungen – mit einem überproportionalen Anteil an Betriebsräten.

Niemand wird den Mitarbeitern der Dinosaurierbranche einen Vorwurf daraus machen, dass sie sich mit dem prognostizierten Aussterben der Gattung nicht abfinden wollen. Es ist ihr gutes Recht, die näher kommenden Kometeneinschläge, die ihre Nahrungsgrundlage bedrohen, als bittere Ungerechtigkeit zu beklagen und in der Herde Schutz zu suchen.   „Jurassic Park im Lindenkeller“ weiterlesen

Zukunft des Journalistenverbandes

Ist das nicht komisch? Diese Frage, ob der Journalistenverband nun eine Gewerkschaft ist oder nicht sein soll oder doch… Irgendwie geht es immer um Fragen von gestern. „Zukunft des Journalistenverbandes“ weiterlesen

Beyonce belief – oder wie dpa die Sorgfaltslosigkeit ihrer Kunden bloßstellte

Pannen, die einen fast im Boden versinken lassen, passieren jeder Redaktion mal. So  wie das rätselhafte Wort "Imagewinn" (statt "Imagegewinn") in einer Überschrift, das einst mein Kollege, mein Chef, unser Layouter und ich während der Produktion einer Nullnummer hundertmal überlesen hatten; es sprang uns sofort ins Auge, als wir die Andruckexemplare auf den Tisch bekamen.

Trägt also ein Text, der von dem neuen Film der Sängerin Beyoncé Knowles ("If I Were A Boy") handelt, die Überschrift einer ziemlich weit davon entfernten Meldung über Frank Schirrmacher, und ist er auch noch mit einem Foto illustriert, auf dem der FAZ-Mann eine Frau busselt, die wiederum mit Beyoncé herzlich wenig Ähnlichkeit hat, dann ist das eigentlich prima Futter für unsere Schadenfreude. Haha, die anderen machen auch mal Bockmist.

Was der bildbloggende Medienblogger Stefan Niggemeier unter der, sagen wir, leicht uncharmanten Rubrik "Geht sterben" präsentiert*, hat jedoch eine gänzlich andere Qualität als die alltäglichen Einzelpannen (und auch eine andere als das durchschnittliche Material, aus dem Medienblogs gewirkt sind). Nämlich eine scheinbar pandemische: Als habe sich via Internet der Erreger der Schlafkrankheit von Redaktion zu Redaktion fortgepflanzt, zeigen Screenshots eine identische Fehlleistung auf den Online-Seiten des Stern, der Zeit, „Beyonce belief – oder wie dpa die Sorgfaltslosigkeit ihrer Kunden bloßstellte“ weiterlesen

Qualität kostet Geld…

…sage nicht nur ich. Sondern auch Professor Hans J. Kleinsteuber von der Uni Hamburg im Interview mit turi-Mitarbeiter Björn Czieslik.

interview2: Prof. Hans Kleinsteuber, Uni Hamburg

Wozu noch Journalisten?

Zehn Thesen zur Zukunft der Massenmedien

Überarbeitete Fassung eines Vortrags der Reihe "Nextperts" am 7. Februar 2007 in München.

These 1: An miserablen journalistischen Leistungen besteht kein Mangel.

Waren die jahrzehntelangen Bemühungen um Professionalisierung für die Katz? Die Eloquenz mancher Schreiber ist reziprok proportional zu ihrer bescheidenen Kompetenz auf dem Gebiet ihrer Berichterstattung. Sie wissen, was der Rezipient gerne konsumiert, haben aber keine Ahnung, wovon sie reden – getreu der alten Devise: «Ein Journalist ist jemand, der anderen einleuchtend Dinge erklärt, die er selber nicht verstanden hat.» Sie zitieren zweifelhafte «Experten», ohne deren Motive zu kennen – und lassen sich naiv vor deren Karren spannen. So zu arbeiten geht nun einmal viel schneller, als sich selbst in eine komplexe Materie zu vertiefen. Bei anderen mangelt es an der Vermittlungskompetenz – sie blicken durch, bringen das aber nicht in einer genießbaren Form rüber. Das wirklich Deprimierende ist aber nicht, dass Journalisten zu oft objektiv schlechte Arbeit abliefern, sondern dass es zu viele Medienunternehmen gibt, die den für gute Arbeit nötigen Zeitaufwand einfach nicht honorieren.

These 2: Im Internet tummeln sich Experten aller Fachgebiete, die vielen Journalisten überlegen sind. Zumindest inhaltlich, oft auch sprachlich. „Wozu noch Journalisten?“ weiterlesen