Kampf ums Kleingedruckte

Den Zeitungen drohen empfindliche Umsatzeinbußen: Rubrikanzeigen funktionieren online besser als auf Papier. Immer mehr Verlage basteln deshalb an eigenen Internet-Konzepten – in Bayern sogar mit vereinten Kräften.

RieflerEin fünfzehn Jahre altes Thema ist plötzlich wieder brandaktuell bei Deutschlands Verlegern: die Bildschirmzeitung. Doch im Gegensatz zu damals – als skeptische Herausgeber von Traditionsblättern darüber fachsimpelten, ob der Rezipient jemals seine Nachrichten auf dem Fernseher lesen werde, wie es mutige Kommunikationswissenschaftier prophezeiten – geht es heute ums schnöde Geld.

Fast über Nacht haben die Pressehäuser ein einst sehr einträgliches Monopol verloren: Immer mehr Branchenfremde dringen ins ohnehin rückläufige Geschäft mit Rubrikanzeigen ein. „Kampf ums Kleingedruckte“ weiterlesen

SCHNEEBALL aus dem Netz

MyServiceMit dubiosen VERSPRECHUNGEN und zahlreichen Seminaren ködert ein virtuelles Unternehmen Promoter für einen Internet-Service, den es gar nicht gibt.

Der Handzettel war gut postiert: In der Online-Halle der Cebit Home, mitten auf dem Microsoft-Stand. „Eröffnen Sie Ihr eigenes Internet-Geschäft – nutzen Sie den „Markt der Zukunft“, hieß es auf dem Packen kopierter Recycling-Blätter, der urplötzlich im Prospektständer lag. Als Kontaktadresse nannte ein gewisser Uwe Tief (Name von der Redaktion geändert) Telefonnummer und E-mail-Anschluss.

Tief, freier Handelsvertreter aus Westfalen, hatte den Gates-Getreuen allerdings ein Kuckucksei ins Nest gelegt. Die Microsoft-Standbesatzung, die von keinem um Erlaubnis gefragt worden war, zog den Papierstapel aus dem Verkehr – und sparte damit womöglich einigen Messebesuchern eine Menge Zeit und 670 Dollar.

Diesen Betrag – auf dem Handzettel als „minimale Investition“ kaschiert – muß erst einmal hinblättern, wer als Repräsentant der My Service Corporation aktiv werden will. Wie man danach „hohe Verdienstmöglichkeiten“ (Werbeaussage) nutzen kann, obwohl man den Service verschenken soll, erfährt man auf kostenlosen Seminaren, die Tief und einige Kollegen in Hotels in Deutschland, Österreich und der Schweiz abhalten.

My Service lockt Netsurfer mit „Pyramidensystem“

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FRANCHISING – Nichts für Amateure

Mit Cyber-Cafes fing es an. Dann kamen Spielhallen, Web-Läden und  Surfschulen für Privatleute und Firmen. Nachahmer sind durchaus erwünscht: Die Konzepte sind käuflich. Potentielle EXISTENZGRÜNDER aber halten sich noch zurück.
Cybersmith
Gast im Cybersmith Boston, 1995

Der Typ jugendlicher Surfer war Marshall Smith gewiß nicht, als er beschloß, seinen Lebensunterhalt fortan im Cyberspace zu verdienen. Der amerikanische Geschäftsmann kapierte anfangs nicht einmal, was dieses ominöse „World Wide Web“ überhaupt sein sollte. Aber mit 62 Jahren fühlte er sich zu jung, um eine vielversprechende Marktchance ungenutzt zu lassen.

Und die sah er klar vor sich: Noch vor dem Höhepunkt jenes großen Medienrummels, der die Metamorphose des Hochschulnetzes zum Freizeitmedium begleitete, stand sein Konzept für „Cybersmith„, die erste Online-Café-Kette in den USA. Während Bürgerrechtler von Key West bis Seattle über den freien Zugang aller Gesellschaftsschichten zu den Wissensschätzen des Internets theoretisierten, dachte Smith längst an harte Dollars. Und an zahlungskräftige Gäste: Jungvolk aus der Mittelschicht, dessen liebstes Spielzeug der Computer ist.

Dem Geld dieser Klientel jagen heute Nachahmer in aller Welt hinterher – „FRANCHISING – Nichts für Amateure“ weiterlesen

Zitterpartie auf der Chefetage

Nur wenigen Unternehmen gelingt der einstieg ins internet auf Anhieb. Auch große deutsche Konzerne üben noch. Deshalb sind Unternehmensberater gefordert. Sie aber stecken selbst noch in der Lernphase. Global Online blickt hinter die Kulissen und verrät, woran Sie kompetenten Rat erkennen.

Auf seiner jüngsten USA-Reise staunte Rainer Dallwig nicht schlecht. „Jeder größere Bäcker“, lernte der Berliner Unternehmensberater bei dem Trip, „hat dort eine Homepage.“ Wie weit das World Wide Web binnen zweier Jahre den Alltag der Amerikaner durchdrungen hat, übertraf selbst Dallwigs Erwartungen.

Dabei kann der Partner der bmp Management Consultants GmbH sich durchaus zur Avantgarde seiner Zunft zählen, was den Einsatz neuer Kommunikationsmedien bei mittelständischen Firmen betrifft. Immerhin geht die Gründung des online-orientierten „Competence Center Multimedia“ beim Bundesverband Deutscher  Unternehmensberater (BDU) auf seine Initiative zurück.

Der BDU hißt seine Flagge auf dem Neuland namens Internet keinen Moment zu früh. Auch in Deutschland wollen sich immer mehr Firmen online präsentieren – zwecks Imagepflege oder als Dienst am Kunden, sei es aus Überzeugung oder weil die Konkurrenz es tut.

Seiten aus Global Online 1996-02

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Pionier-Schicksal: Wieder mal zu früh gestartet

Wenige Monate nach der Stabübergabe bei der „Computer Seller Business“ an Damian Sicking hatte Computerwoche-Chef Dieter Eckbauer den nächsten Auftrag für mich: ein Wirtschaftsmagazin für die noch sehr überschaubare Online-Branche musste her. Damals, Ende 1995, wagte man von DSL-Anschlüssen nicht einmal zu träumen. Breitbandnetze stellte man sich vor als Glasfaserleitungen bis zum Verbraucher oder eben als Aufrüstung von Fernsehkabelnetzen. Es war Zukunftsmusik, und wir schickten uns an, die Kritiken zu dieser Musik zu schreiben. Zwei Jahre ging das gut, dann wurde das Pionierprojekt der Verlagsleitung zu heiß. Sie verkaufte – sorry, das sagt man so – die Abonnenten an die Neue Mediengesellschaft, die mit ihrer „Internet World Business“ bis heute Marktführer bei den einschlägigen Fachtiteln ist.