KODAK: Lange Leitung

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Via Internet können Hobbyfotografen bald digitale Bildkarten versenden, Online-Alben anlegen oder Abzüge bestellen. Die Nachfrage ist höchst ungewiß.

MIT DIGITALER FOTOGRAFIE wollte George Fisher den Celluloid-Riesen Kodak für die Zukunft fit machen. Statt dessen wurde sie für den Vorstandschef eines der größten Probleme. Im ersten Halbjahr produzierten Kodaks Versuche mit Bit-Bildern 100 Millionen Dollar Miese. Grund: Amateure verschmähen teure Digitalkameras, deren Bilder so grobkörnig sind, daß man einen Schnappschuß nicht mal als Miniposter an die Wand hängen kann.

Mit dem Kodak Picture Network ziehen Fisher und sein Marketingmanager Carl Gustin jetzt die Konsequenz aus der Treue der Knipser zum Film. Für fünf Dollar pro 24er Rolle scannen Kodak-Labors die Negative ein. Mit den Abzügen erhält der Kunde ein Paßwort, das ihm via Web Zugang zu einer Reihe von Services verschafft – etwa E-Postkarten mit eigenen Bildern an beliebige Mail-Adressen zu senden.

Wer will, kann die Bilder auf seine Festplatte laden, retuschieren oder verfremden und von diesen Elaboraten online Papierbilder nachbestellen. Geplant sind virtuelle Fotoalben, die man für Freunde und Verwandte in aller Welt öffnen kann. „KODAK: Lange Leitung“ weiterlesen

Fotoindustrie: Digital in die Zukunft

Über die Photo CD, ein elektronisches Fotoalbum, will der Kodak-Konzern sein Geschäft mit chemischem Film absichern und gleichzeitig vom Multimedia-Boom profitieren. Doch erst auf lange Sicht verspricht der digitale Zwitter auch Gewinne.

Top Business 2/1993

Die Jubiläumsfilme waren längst im Kino angelaufen, unzählige Reden auf unzähligen 500-Jahr-Feiern schon geschwungen, da leistete Leo J. („Jack“) Thomas noch einen späten Beitrag zum Kolumbus-Jahr. „Es ist, als hätten wir einen neuen Kontinent entdeckt, auf dem die Felder unserer Möglichkeiten nur durch die Phantasie begrenzt sind“, schwelgte der Präsident des Geschäftsbereichs Imaging der Eastman Kodak Company in Metaphern.

Was den amerikanischen Topmanager zu solch orakelhaften Formulierungen inspirierte, ist die vielseitigste Erfindung, die seine Entwicklungsingenieure seit langem auf die Beine stellten: eine bespielbare Compact-Disc, die konventionelle Fotos in die Welt der Elektronik integrieren soll.

Für Kodak, den diversifizierten Mischkonzern, dessen lebenswichtiges Kerngeschäft mit Filmen und Fotopapier seit Jahren unter Wachstumsschwäche leidet, ist die goldglänzende Photo CD nichts Geringeres als eine Brücke in die digitale Zukunft. Denn wenn Jack Thomas‘ Pläne aufgehen, wird die zwölf Zentimeter große Laserscheibe nicht etwa nur eine kleine Marktlücke stopfen. Als elektronischer Tausendsassa soll sie jeden ansprechen, der im Beruf oder in der Freizeit mit Fotos umgeht.

Die Photo CD ist für Kodak das strategische Produkt der 90er Jahre schlechthin: Vom Erfolg der seit September laufenden Einführungskampagne hängt ab, ob der Konzern aus Rochester seinen traditionsreichen Namen auf Flop oder Top verwettet hat.

Viele Fachleute sehen in der Verknüpfung von traditioneller Fotografie mit digitaler Weiterverarbeitung tatsächlich das Ei des Kolumbus. „Fotoindustrie: Digital in die Zukunft“ weiterlesen