Mini-Serie 1 Jahr Covid (2): Lockdown & Löckchendäunchen

Vor gut einem Jahr kam ein Kauferinger als erster deutscher Patient mit Covid-19-Diagnose ins Krankenhaus. Die Impfungen laufen, der Lockdown wird wegen der Mutationen sicherlich verlängert. Wie geht es weiter? Die Fortsetzung meiner Mini-Serie. Diesmal im Blick: Friseure, Einzelhandel und die Corona-Warn-App.

Frisur als äußeres Zeichen der Menschenwürde

Nicht nur Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger wird ungeduldig, was die Haarschnitte der Bayern angeht. Der Lockdown ist vorerst unvermeidlich, trifft jedoch die Salonbesitzer:innen hart; ihre Konten sind wie kahlgeschoren. Aber reden wir auch über ihre Kunden (w/m/d)! Es wäre nämlich arrogant und ignorant, sich pauschal über deren Eitelkeit lustig zu machen, nur weil man selbst zum (fraglos größeren) Teil der Menschheit gehört, der mit Zottelmähnen gut leben kann oder – wie ich – eh kaum noch Haare auf dem Kopf hat.

Denken wir einfach an die Altenheime aus Folge 1. Ein gepflegtes Äußeres ist vielleicht nicht allen, aber vielen Bewohner:innen sehr wichtig. Sie schämen sich, wenn sie schlunzig aussehen. Das sitzt so tief drin, dass es sich auch nicht erledigt hat, wenn die Demenz sich in ihrem Kopf breitmacht. Deshalb hoffe ich, dass der Name der Friseurin, die meiner Mutter seit sechs Jahren die Haare macht, bald wieder auf der monatlichen Nebenkostenabrechnung steht, denn die alte Dame ist längst zum zweiten Mal geimpft. Es mag pathetisch klingen, aber eine ordentliche Frisur hat etwas mit menschlicher Würde zu tun, und zwar gerade dann, wenn man in einer geistigen Verfassung ist, in der man nicht mehr begreift, warum plötzlich so vieles verboten ist. Es kann nicht sein, dass – außer Angehörigen von Friseur:innen – ausgerechnet Fußballprofis einen Haarschnitt bekommen, die sich bereit erklären, die Geldstrafe zu zahlen, falls ihr Barbier erwischt wird. (Es kann auch nicht sein, dass Hundertschaften querverschwurbelter Maskenfreiheits-Kämpfer alle nackte Nase lang zur Sperrstunde unter Polizeischutz ihre bornierte Blödheit demonstrieren, während wir Vernünftigen uns zähneknirschend den Geboten der Stunde beugen.)

Damit sind wir noch mal beim Thema „Privilegien“: Privilegiert ist nicht, wer geimpft ist, sondern wer es sich leisten kann, Regeln zu ignorieren. Oder: wer einen willkürlich als systemrelevant eingestuften Beruf oder Betrieb hat. „Mini-Serie 1 Jahr Covid (2): Lockdown & Löckchendäunchen“ weiterlesen

Mini-Serie 1 Jahr Covid (1): Wie geht’s jetzt weiter?

Ein Jahr, nachdem ein Kauferinger als erster deutscher Patient mit Covid-19-Diagnose ins Krankenhaus kam, und einen Monat nach Start der Impfungen ist es Zeit zu diskutieren, wie es jetzt weitergehen soll und kann – mit Handel, Kultur, Dienstleistern, alten Menschen und ihren Angehörigen.

„Privilegien“ für Geimpfte

Wer einen Impftermin ergattert hat, kann sich zwar privilegiert fühlen. Außer dem Gefühl, besser geschützt zu sein, bringt einem die Impfung aber bis dato nichts. Wie sehr sich die Exekutive schon daran gewöhnt hat, für eine nicht hinreichend vernünftige Bevölkerung zu denken und zu entscheiden, zeigte sich neulich daran, dass sich verschiedene Politiker gegen „Privilegien für Geimpfte“ aussprachen. Verfassungsrechtler wie Professor Rupert Scholz stellen richtig: Grundrechte sind keine Privilegien. Gesetze und Verordnungen können in Grundrechte zwar eingreifen, wenn dies zum Schutz anderer Grundrecht bzw. der Grundrechte Anderer unerlässlich ist. Es ist aber nicht zumutbar – weil unverhältnismäßig – Grundrechtseinschränkungen hinzunehmen, wenn die Grundlagen entfallen sind. Eine pauschale Außerkraftsetzung von Grundrechten ohne Beachtung der Umstände hält also juristisch nicht.

Es ist nun so, dass Wissenschaftler bisher nicht ausschließen können, dass sich im Rachen einer geimpften Person, die eine Ladung Viren eingeatmet hat, diese Viren doch noch vermehren. Sie könnte also genauso wie symptomfreie Infizierte die Krankheit übertragen. Das heißt, dass sie in Verantwortung steht, andere zu schützen, die noch nicht geimpft sind. Die AHA-Regeln muss sie also weiterhin beachten.

Das heißt aber nicht, dass man Geimpfte – ob sie es wollen oder nicht – noch vor jedermann schützen muss. Wo sie unter sich sind, wären Kontaktbeschränkungen unverhältnismäßig.

Befreiung aus dem Altenknast

Aus gutem Grund denke ich dabei insbesondere an Altenheime. Meine Mutter ist 90 und hat, wie ihre Mitbewohnerinnen, kurz vor Silvester die erste Biontech-Spritze bekommen, drei Wochen später die zweite. Wie weit das Heim mit der Impfung der Pflegekräfte ist, weiß ich nicht. Aber das gesamte Personal wird mehrmals pro Woche getestet. Sollte sich tatsächlich jemand anstecken, würde dies rasch entdeckt. „Mini-Serie 1 Jahr Covid (1): Wie geht’s jetzt weiter?“ weiterlesen

Halbwahrheiten und Lügen, Levana-Style

Spendensammlung für den nicht gemeinnützigen Nichtverein Levana; vorne rechts der Handzettel mit Desimpformationen

Auf einem Handzettel im typischen knalligen Impfgegner-Orange verteilen die Levana-Helfer 15 „Gründe, die gegen eine Masern-Impfpflicht sprechen“. Diese gilt nicht generell, sondern betrifft nur Schulen, Kindergärten und Betreuungseinrichtungen. Darüber, ob das in dieser Form sein muss, kann man diskutieren, denn Verweigerern droht ein Bußgeld von 2500 Euro. Tatsache ist aber, dass diese Pflicht nie auf die politische Tagesordnung gekommen wäre, wenn die Impfverweigerer nicht massive Propaganda gegen das Impfen machen würden. Es reicht, wenn 95 Prozent der Bevölkerung gegen Masern immun sind, doch Krons „Bewegung“, die aus der Ablehnung des Impfens eine Ideologie gemacht hat, tut alles, um die Quote nach unten zu agitieren. Kron ist offenbar ein Prophet, der hart dafür kämpft, dass sich seine Prophezeiung selbst erfüllt.

Hier die 15 Behauptungen im Faktencheck:

    1. In Deutschland gibt es keine ansteigenden Masernfallzahlen.
      Das stimmt, doch der Grund liegt darin, dass die allermeisten Eltern noch so vernünftig sind, ihre Kinder gegen Masern impfen zu lassen. Bedenklich ist, das gerade in Waldorfschulen viele Eltern Impfungen ablehnen. Und wo treffen sich die Landsberger Mitstreiter von Kron inzwischen? Richtig, in der „Freien“ Waldorfschule.
    2. Die Menschen sind nicht impfmüde.
      Das stimmt insofern, als die Eltern, die ihre Kindern nicht impfen lassen, das nicht aus Nachlässigkeit tun, sondern vorsätzlich. Die wenigsten tun es, weil es einen medizinischen Grund dafür gibt, sondern weil jemand sie gezielt verunsichert hat und/oder weil sie sich darauf verlassen, dass die anderen schon genug impfen, um eine Herdenimmunität zu erhalten. Manche tun es aus aus Dummheit und schicken ihre Kinder bewusst auf Masernparties, damit sie sich anstecken. Das ist keine Müdigkeit, sondern vorsätzliche Körperverletzung an Schutzbefohlenen.
    3. Es gibt keinen Masern-Einzelimpfstoff.
      Das stimmt für Deutschland, ist im Kontext aber als Ausrede zu erkennen. In der Schweiz ist ein Einzelimpfstoff noch zu haben, und es wäre wünschenswert, es gäbe ihn auch hier, um den Impfgegnern diese Ausrede zu nehmen.
    4. Impfen ist Körperverletzung
      So, wie sie da steht, ist diese Aussage kompletter Blödsinn. „Halbwahrheiten und Lügen, Levana-Style“ weiterlesen

Krons unwürdiges Desimpformations-Theater

Nach dem Vierfach-Flop vom Pfingstsamstag könnte man sich theoretisch entspannt zurücklehnen. Braune Hooligans waren bei der dezentralen Ersatzveranstaltung für die abgesagte Kundgebung der 888 Impfgegner nicht zu sehen. Das Bedrohlichste an den wenigen erschienenen Maskenverweigerern war, dass man fürchten muss, dass sie sich bei Gleichgesinnten anstecken und den Virus weitertragen. Dennoch sollte niemand einfach zur Tagesordnung übergehen: Bürger und Behörden dürfen sich nicht länger von Leuten an der Nase herumführen lassen, die das Versammlungsrecht verhöhnen, das Grundgesetz verspotten und gefährlichen Unsinn verbreiten. Erschreckend sind auch der sektenhafte Realitätsverlust einiger Mitbürger und die völlige Intransparenz des so genannten „Levana-Verbunds“.

Was sich im Dunstkreis des Homöopathen und Hausarztes ohne Kassenzulassung Rolf Kron seit längerem abspielt, ist aus vielerlei Gründen eine Farce – also ein Schauspiel, das so abgedreht daherkommt, dass man darüber nur noch den Kopf schütteln kann. Menschen, die nicht den Eindruck machen, völlig verblödet oder alltagsuntauglich zu sein, stellen sich allen Ernstes in die Öffentlichkeit und lassen sich für den haarsträubenden Unfug angucken, der in gedruckter Form auf ein paar Tischen ausliegt. Etwa das Pamphlet des Impfgegner-Vereins „Libertas & Sanitas“ (für die Nichtlateiner: „Freiheit & Gesundheit“), hier im Foto zu besichtigen. „Tatsachen statt Expertenmeinungen“ lauten die ersten drei Worte, die man erst mal in ihrer ganzen Rätselhaftigkeit auf sich wirken lassen muss. Hat der Verfasser verstanden, was ein Experte ist? Hat er verstanden, was eine Tatsache ist? Wer ist er? Und wenn ja, wie viele? Und ist dieses … Denken … etwa ansteckend? „Krons unwürdiges Desimpformations-Theater“ weiterlesen

Was läuft hinter den Kulissen von Levana?

Vier Versammlungen zur gleichen Zeit in einem Umkreis von einem Kilometer – und keinen interessiert’s. Das ist die Bilanz des gescheiterten Versuchs des Kauferinger Anti-Impf-Ideologen Rolf Kron und seiner Getreuen, in Landsberg groß herauszukommen. Dennoch wirft die Art, wie der Mann mit seinem Nichtverein Levana das Demonstrationsrecht überstrapaziert, Fragen auf, die öffentlich diskutiert werden müssen.

Abgesperrt und mit orangefarbenen Abstandsboppeln markiert für ein paar Versprengte: der Landsberger Georg-Hellmair-Platz am 30. Mai.

– Vier scheinbar unabhängig voneinander auftretende Personen hatten für Pfingstsamstag in der Landsberger Innenstadt je eine Versammlung mit scheinbar unterschiedlichen Themen angemeldet.

– Nur drei der vier Versammlungen wurden auf der Website des Landkreises Landsberg angekündigt, die vierte jedoch nicht. Demnach lässt sich schließen, dass sich der offizielle Veranstalter – laut Landsberger Tagblatt ein gewisser Roman Sellherr aus Augsburg – unter Berufung auf den Datenschutz nicht mit einer Veröffentlichung einverstanden erklärt hatte. Aus unerfindlichen Gründen gab das Landratsamt nicht nur das einzige personenbezogene Datum nicht bekannt, nämlich den Namen der anmeldenden Person, sondern informierte die Bürger überhaupt nicht darüber, dass Teile des Georg-Hellmair-Platzes schon wieder abgesperrt werden würden.

– Dies waren die vier Schauplätze, Anmelder und Themen:
1. Hauptplatz
Dr. Heinz Gräber (der Mann heißt in Wahrheit Gärber): „Ist die Corona-Impfung das Allheilmittel, von dem unsere Grundrechte abhängig gemacht werden?“
2. Georg-Hellmair-Platz
Roman Sellherr: (offizielles Thema unbekannt)
3. Rossmarkt
Pythorea alias Petra Sander: „Mahnwache zur Coronakrise – des Kaisers neue Kleider, demokratisch neu interpretiert“
4. Mutterturm
Iris Kaiser: „Für den Erhalt der Grundrechte“

Die Veranstalter gaben sich keinerlei Mühe, zu kaschieren, dass die formal eigenständigen Versammlungen in Wirklichkeit eine einzige darstellten, „Was läuft hinter den Kulissen von Levana?“ weiterlesen