Mascolo mit Rechtschreibschwäche

Gute Nachricht für alle Journalisten mit Rechtschreibschwäche: Man kann mit diesem Handicap Spiegel-Chefredakteur und sogar FAZ.net-Feuilletonredakteur werden. In der Frankfurter Allgemeinen Onlinezeitung fand ich gestern ein Stück des derzeit freien Kollegen Georg Mascolo mit folgender Passage:

NSA-Hilfe bei der Entführung deutscher Staatsbürger hat Tradition: Als 2003 in der Sahara sechzehn deutsche Motorradtouristen gekidnappt wurden, nutzten die Entführer ein Thouraya-Satelittentelefon. Nur die NSA konnte den Code knacken und den genauen Standort des Telefons ermitteln.

Zwei Fehler in einem (allerdings gekoppelten) Wort! Kleiner Hinweis für die, denen nichts auffällt: Es gibt weder Satteliten noch Sattelliten noch Satelitten und auch keine Sateliten, sondern nur Satelliten. Und die Satellitentelefonfirma trägt hier ein überzähliges O im Namen.

Man könnte jetzt sagen: „Was soll’s, Hauptsache die Information als solche ist korrekt recherchiert!“ Aber die Ortung hat nichts mit dem Code zu tun. „Mascolo mit Rechtschreibschwäche“ weiterlesen

Fehlt nur Jüngeren Geld für Recherche?

Jetzt ist es schon so weit gekommen, dass besserverdienende Redakteure ihren Kollegen die Recherchen subventionieren müssen, um die Versäumnisse der Verleger wenigstens ein bisschen auszugleichen.

Selbstverständlich kann sich ein Stifter wie Dirk Kurbjuweit aussuchen, welchem Personenkreis er sein Recherchestipendium gewähren möchte. Und natürlich gibt es viele jüngere Kollegen, die es gar nicht mehr kennen, dass ihnen aufwendige Recherchen bezahlt werden.

Dennoch ein Einwurf:

Dass die Empfänger höchstens 35 Jahre alt sein dürfen, ist ein völlig willkürliches Kriterium. Es ist nämlich leider nicht so, dass sich, sobald man diese Altersgrenze überschritten hat, plötzlich überall die Tresortüren öffnen und die Auftraggeber Geld für zeit- oder kostenintensive Recherchen rausrücken.  Ältere haben nur mehr Erfahrung und recherchieren vielleicht ein bisschen effizienter.

Wirklich toll wäre also etwas anderes – wenn man Alt & Jung zusammenspannen würde, in einer Art Recherchementoring, bei der das Stipendium fair aufgeteilt wird.

Bittere Gurkenzeit

Eigentlich sollte man meinen, dass die Kollegen vom Aktuellen in Sachen EHEC langsam zur Besinnung kommen müssten.

Das ist offenbar nicht der Fall. Die Medien versagen auf der ganzen Linie.

„Vor allem norddeutsche Verbraucher sollten rohe Blattsalate, Tomaten und Salatgurken meiden.“

Innerhalb der Holtzbrick-Gruppe syndizierte Meldung von heute, so wertvoll wie ein kleines Horoskop

„Die Katz mog d‘ Mais roh, i mog’s ned amoi kocht“, sagt der bayerische Volksmund. (Für Preißn: Die Katze mag die Mäuse roh.) Ja, wenn man Blattsalat nicht roh essen darf, dann isst man ihn halt gar nicht.

Nicht nur wegen des impliziten Vorschlags, Salat abzukochen, ist die Empfehlung Schwachsinn erster Güte: Außer der Beobachtung, dass die Erkrankten die typischen Bestandteile eines gemischten Salats, wie sie an jedem Salatbuffet zu finden sind, genossen haben, gibt es nichts, was gegen die einzelnen Zutaten spräche.

Bisher ist mir nicht eine einzige Meldung untergekommen, derzufolge irgendwo in Nord- oder Restdeutschland auch nur eine Tomate oder ein Kopf Salat mit dem Killerbazillus aufgefunden worden wäre. Gurken waren es, ganze drei Stück – und niemand scheint zu wissen, wie das Teufelszeug an das Gemüse gekommen ist. Hat irgendjemand recherchiert, wieviele Gurken untersucht worden sind – und wieviele davon ohne Befund? Hat irgendwer die Frage gestellt, warum selbst Bauern, deren Gurken (von Tomaten/Salat ganz zu schweigen) nicht nur nicht positiv, sondern explizit negativ getestet wurden, jetzt ihre Ernte vernichten müssen? Wäre das Zeug so gefährlich, wie getan wird, dürfte es nicht untergepflügt oder kompostiert werden, sondern müsste in der Müllverbrennungsanlage landen. Gäbe es handfeste Gründe, anzunehmen, dass Salat, Tomaten und Gurken verseucht sind, müsste der Verkauf sofort eingestellt werden – bei  Entschädigung unschuldiger Gärtner und Landwirte.

Die Behörden tappen offensichtlich im Dunkeln, sie haben nicht einmal eine publikationsreife Hypothese, mit der sie den zur Beruhigung der Öffentlichkeit gedachten Boykott der Gemüsebauern rechtfertigen.

Leute, macht Euren Job! Stellt Fragen, und zwar die richtigen und den Richtigen. Ich will keine Verlautbarungen und keine unsinnigen Ratschläge mehr lesen, sondern:

Recherche-Ergebnisse!!!

Nachtrag 1. Juni:

Inzwischen steht fest, dass die Gurken gar nicht als Erklärung aller Infektionen herhalten können. Das hindert Politiker aber nicht daran, weiterhin pauschal vor Rohkost-Gemüse zu warnen.

Und Handys erzeugenmöglicherweise – Krebs, wieder einmal. Eine Erkrankung, die uns statistisch alle 20.000 Lebensjahre ereilt, tritt angeblich mit 40 Prozent höherer Wahrscheinlichkeit auf. Gibt es neue empirische Studien, die das belegen? Nein. Wer hätte das auch erwartet? Aber eine Meldung ist diese Nicht-Nachricht allemal.