Exzellenter Durchschnitt

Eliten können nützlich sein – aber sie kommen nicht aus den dafür ausersehenen Spitzenhochschulen.

Der Beruf meines Sohnes ist Ingenieur. Sein Spezialgebiet ist das Tuning von Lego-Raumgleitern, sein Ziel der Mars, den er mit verwegenen Hightech-Konstruktionen urbar machen möchte. Unser Junior erfüllt perfekt die Anforderungen unserer Bildungspolitiker an seine Generation: Kaum auf dem Gymnasium, kennt er seine Rolle in der Arbeitswelt. Noch sieben Jahre, dann wird er sich an einer Exzellenzuni einschreiben und – husch, husch – zum Bachelor und Master avancieren. Das Ego eines Elitestudenten hat er schon, wenn auch nicht die Noten. Egal, sein Papa war auch der mittelmäßigste Pennäler der renommiertesten Lehranstalt am Ort.

Wo ich gerade am Angeben bin: Erwähnte ich, dass ich Absolvent einer Elite-Hochschule bin? Meine Alma Mater, die Uni München, ist Teil eines Exzellenzclusters, zu dem Deutschlands führender Knochenchirurg, die besten Molekularbiologen und exzellente Physiker gehören. Mit meinen akademischen Meritchen hat das zwar nichts zu tun, aber ein Quäntchen dieses Glanzes strahlt auch auf mich ab. Dass die „LMU“ wie jede Großuni diverse Fakultäten hat, an denen ganz ordinäre Ordinarien grundlangweilige Routinearbeit leisten, muss man ja nicht an die große Glocke hängen.

Doch nun kommt Sachsens Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange daher und stellt das tolle Konzept der Elite-Mega-Uni infrage, das überlaufenen Hochschulmetropolen weiteres Wachstum sichert. Die Frau glaubt tatsächlich, exzellente Forschung auf ausgesuchten Fachgebieten sei ein wichtigeres Ziel als auf breiter Front Spitze zu sein! Das ist fast so vorlaut wie die Behauptung, man müsse einer von Etatnot gebeutelten Provinzfakultät nur genug Geld geben, dann könne sie den besten Professoren die besten Arbeitsbedingungen bieten. Am Ende kommt Stange noch auf die Idee, die Lehrpläne so zu entrümpeln, dass hochbegabte Schüler nicht mehr angeödet abschalten und sitzen bleiben. Womöglich geriete das gesamte System ins Wanken, das den Arbeitgebern den Nachschub an normierten Fachkräften für den hierarchischen Mittelbau sichert.

Und das kann ja nun keiner wollen: Die wahre Elite lässt sich heute doch schön leicht erkennen, indem man nach Lebensläufen schaut, die nicht so stromlinienförmig verlaufen wie der Weg vom Turbo-Abitur über den Master ins Bewerbercasting.

Aus der Technology Review 4/2008, Kolumne FROITZELEIEN

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