Demnächst in Amerika: die kleine Flüster-Concorde
für Superreiche.
Wer einen Knall hat, merkt normalerweise nichts davon; seine Umwelt umso mehr. Das gilt insbesondere für den ganz spezifischen Knall, bei dessen Ertönen meine Oma zu sagen pflegte, jetzt habe schon wieder ein Düsenjäger die Schallmauer durchbrochen. Mit diesen Begriffen können die Kids von heute, aufgewachsen unter der Obhut des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und seiner Technischen Anleitung Lärm, nichts anfangen. In den Jahren des Kalten Kriegs war der Überschallknall noch ein ganz alltäglicher Lärm, gerne exerziert über dicht besiedeltem (Ruhr-) Gebiet oder quer durch den Pfaffenwinkel mit Wendeschleife an der vibrierenden Wieskirche.
Dann kehrte himmlische Ruhe ein. Auch die Concorde, die mit obszönem Kerosinkonsum ihre besserverdienenden Passagiere auf Mach 2 beschleunigte, durfte ihrem eigenen Krach erst davonfliegen, wenn sie das bewohnte Festland hinter sich gelassen hatte. Die Chance für Zivilisten, sich dem Rausch der Geschwindigkeit hinzugeben, schien endgültig vorbei, als Air France und British Airways nach dem Crash von Paris anno 2000 die letzten Exemplare des Donnervogels ausmusterten.
Jetzt kommt aus Amerika frohe Kunde für reiche Speed-Süchtige: Gulfstream Aerospace macht Fortschritt bei der Entwicklung des „Quiet Supersonic Jet“ (QSJ), der zumindest in akustischer Hinsicht ein sozialverträgliches Fortbewegungsmittel werden soll. Eine auf acht Meter ausfahrbare Teleskopspitze an der Nase soll der Maschine zu einer aerodynamischen Top-Form verhelfen, sodass sie in der Höhenluft nur noch eine ganz bescheidene Bugwelle aufwirft. Und wenn vorne nur wenig Luft zusammengepresst wird, schleift das Flugzeug auch keine große Stoßwelle hinter sich her, die das Ohr des Bodenbewohners als Knall wahrnimmt.
Allerdings soll der 1800 km/h schnelle Businessflieger mit Platz für 15 Personen so teuer werden wie zwei Airbusse A320 – rund 90 Millionen Dollar. Da hätte selbst vor der Finanzkrise mancher Hedgefond-Manager nachgerechnet, ob drei, vier Stunden gesparte Flugzeit den Aufwand wert sind. Darum ist jetzt von Jet-Sharing-Modellen die Rede: Multimillionäre teilen sich ein QSJ oder bieten Mitfluggelegenheiten. Dann ist’s zwar Essig mit spontanem Wegdüsen. Aber zumindest hockt man nicht so lange in dem verdammten Flieger.
Aus der Technology Review 2/2009, Kolumne FROITZELEIEN
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