Branchenstatistik: Verlierer und Sieger

Nichts ist mehr wie früher in der IT? Stimmt. Konnte man aber auch schon 1992 schreiben. Zum Beispiel im WiWo-Special zur Münchener Computermesse Systems:.

An der Spitze der EDV-Branche hat sich die Rangordnung massiv verändert.

Alten EDV-Kämpen treibt die Geschichte heute noch Tränen in die Augen: WeIch großen Klang hatte doch einst der Name Control Data. Wer mit dem Großrechner Cyber arbeiten durfte, konnte sich fast so viel darauf einbilden, als hätte man ihn an eine Cray gelassen. Doch 1985 wurde CDC, die Control Data Corp., zum Synonym für das beginnende Ende der klassischen EDV: Das Unternehmen fuhr einen Rekordverlust von 567,5 Millionen Dollar ein, 1986 weitere 264,5 Millionen Miese, über 10.000 Mitarbeiter verloren ihren Job. Bis 1991 sackte CDC, die in der Weltrangliste des US-Branchenblatts „Datamation“ jahrelang unter den ersten zehn geführt war, auf den 46. Platz ab.

Heute ist unter dem Namen Control Data Systems Inc. nur noch ein Rumpfgebilde mit gut einer halben Milliarde Dollar Umsatz übrig. Damit zählt das Unternehmen nicht einmal mehr zu den 100 umsatzstärksten.

Außer dem tiefen Sturz von CDC hat sich die Zusammensetzung an der Spitze der Liste gegenüber der Mitte der achtziger Jahre kaum verändert. Doch nur die Namen sind geblieben. Die Unternehmen selbst sind grundlegend andere geworden. Denn nach dem Motto „growth by acquisition“ wurde Markt hinzugekauft, was das Zeug hielt: Digital Equipment verleibte sich die DV-Bereiche von Mannesmann-Kienzle und Philips ein, Fujitsu schluckte den britischen Computerbauer ICL, Nixdorf überlebte als Siemens-Anhängsel, NCR gehört nun zu AT&T. Allein IBM und Apple fielen nicht durch große Kaufwut auf – doch die beiden kooperieren mittlerweile enger miteinander als einzelne Bereiche manch künstlich zusammengeschweißter Konzerngebilde.

Die Gewichte innerhalb der Gipfelrunde haben sich allerdings merklich verschoben. Trotz momentaner Flaute stehen  heute vor allem die Japaner sehr stark da: Deren Vertreter im oberen Dutzend legten von 1986 bis 1991 durchschnittlich 154 Prozent zu. Statt Digital und Unisys teilen sich jetzt Fujitsu (2.) und NEC (3.) mit IBM (1.) das Siegertreppchen. Eines hat sich jedoch nicht geändert: Die Giganten machen den größten Teil ihrer Umsätze nach wie vor mit Hardware.

Unter den 25 größten Computerkonzernen der Welt befassen sich nur drei überwiegend mit Software oder Dienstleistungen, der größte – die General-Motors-Tochter EDS Corp. – hält nach der Statistik Rang 16. Das lukrative Geschäft mit der Software teilen sich unzählige kleinere Unternehmen. Selbst die Hardwarehersteller der neuen Generation, die mit Workstations und PersonaIcomputern groß geworden sind, klopfen gerade erst mal an die Tür der Topetage. In einer Kategorie sind Apple, Compaq und Sun Microsystems freilich bereits Spitze: Binnen fünf Jahren haben sie über 25.000 neue Stellen geschaffen. Wollte sich IBM im Pro-Kopf-Umsatz mit ihnen messen, müßte der Marktführer entweder den Umsatz von jetzt 64,8 auf 95 Milliarden Dollar steigern – oder weitere 100.000 Mitarbeiter entlassen.

Ulf J. Froitzheim

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