Steve Case, Chef von AOL Time Warner, ist der mächtigste Medienunternehmer der Welt. Und vielleicht der bescheidenste.
Lustige Spitznamen klingen für die Betroffenen oft ziemlich gemein. Vor allem, wenn sie durch ein Wortspiel aus ihrem Namen gebildet werden. Als der US-Investmentbanker Dan Case III. seinem jüngeren Bruder Steve einen Job im Management des Start-ups Control Video vermittelte, nannten die Mitarbeiter sie bald „Upper Case“ und „Lower Case“ – Großbuchstabe und Kleinbuchstabe. Dann arbeitete sich der Kleine hoch. Seine Gelassenheit und Unbeirrbarkeit in Stress-Situationen trug dem damals 24-Jährigen das Attribut „die Mauer“ ein. Die Fähigkeit zum Zuhören, ohne sich seine Gedanken anmerken zu lassen, den Titel „der Schwamm“. Hätte die Belegschaft geahnt, welchen Medienmoloch Steve bis zur Jahrtausendwende aus der Videospiel-Klitsche machen würde, hätte sie ihm nur einen Spitznamen gegeben: „Citizen Case“.
Der Aufstieg des Stephen M. Case, geboren am 21. August 1958 in Honolulu, ist in der Tat hollywoodreif: Ein junger Bursche, der seine Karriere mit Produkten begann, die niemand brauchte – Pizzas mit exotischen Toppings und mit Haarfestiger getränkte Wegwerftücher – wird dank Internet zum mächtigsten Mann der globalen Informations- und Meinungsindustrie. Verglichen mit seiner Einflusssphäre war sogar das Imperium des Großverlegers William Randolph Hearst überschaubar, der vor 60 Jahren den jungen Orson Welles zur Figur des Charles Foster Kane inspirierte. Als Chairman der AOL Time Warner Inc. kontrolliert Case nicht nur den größten Online-Dienst der Welt mit annähernd 30 Millionen Mitgliedern, sondern auch Magazine wie „Time“, „People“ und „Fortune“ „Porträt: Großer kleiner Bruder“ weiterlesen